Tag der offenen Tür zum 7. Geburtstag von phaeno

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Der Kaiserdom und die Autostadt kooperieren

Movimentos- Veranstaltung in Königslutter
Der Kaiserdom und die Autostadt kooperieren
KÖNIGSLUTTER. Die Movimentos-Events beschränken sich nicht nur auf die Autostadt in Wolfsburg, auch der Landkreis Helmstedt profitiert von der populären Veranstaltungsreihe.
Die Evangelische Kirche in Deutschland hat die zehn Jahre vor dem 500-jährigen Jubiläum der Reformation im Jahr 2017 als „Lutherdekade“ ausgerufen. Es sollen Impulse der Reformation aufgenommen werden, die bis in die heutige Zeit reichen. In jedem Jahr werden inhaltliche Schwerpunkte formuliert: 2013 steht unter dem Motto „Toleranz“.
Auch die Autostadt Wolfsburg nimmt sich 2013 dieses „großen Themas“ an und macht Toleranz als Haltung zu ihrem Jahresthema der Movimentos-Festwochen, die mit einem breit gefächerten Angebot wie nie aufwarten: Von Lesungen bis hin zu Auftritten von Rammstein, einer der populärsten deutschen Bands, ist alles vertreten.
An diesem Punkt kommen VW-Konzern und Kirche mit ihren Anliegen zusammen und so vollkommen unterschiedliche, aber „benachbarte“ Institutionen, die Autostadt und der Kaiserdom, eint in diesem Jahr dasselbe Thema.
„Eine spannende, ja faszinierende Kooperation ist zustande gekommen: der Kaiserdom Königslutter ist ein Spielort im Rahmen der diesjährigen Movimentos-Festwochen“, freut sich Dr. Norbert Funke (Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz und die Stadt Königslutter), auf den diese Initiative zurückgeht.
Am 20. April wird der südafrikanische Jazz-Pianist Abdullah Ibrahim zu Gast im Kaiserdom sein. „A Tribute to Tolerance" hat er sein Konzert genannt. Abdullah Ibrahim ist die Symbolfigur des südafrikanischen Jazz und bis heute einer der einflussreichsten Musiker unserer Zeit. Am 9. Mai 1994 spielte Abdullah Ibrahim zur Amtseinführung des ersten schwarzen Präsidenten Südafrikas, seines Freundes Nelson Mandela, und wurde, ganz in dessen Sinne, zum Kämpfer für Toleranz und Verständigung in einem friedlichen Miteinander aller Bevölkerungsgruppen im neuen Südafrika. Das Konzert im Kaiserdom erinnert an das bewegte Leben des Künstlers für die Toleranz.
Tickets für dieses Konzert am 20. April im Kaiserdom sind über die ServiceLine der Autostadt unter der kostenlosen Telefonnummer 0800/288678238, www.eventim.de sowie an den bekannten Vorverkaufsstellen zu bekommen.

Angekündigt in:
Helmstedter Blitz Nr.3/39.Jg. vom 16.01.2013  S. 6




Ducksteinfest 2014 mit Klaus Mohrs in Königslutter

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Quelle: Stadtbüttel der Stadt Königslutter August 2014 S. 36 (Foto: Bernd Schunke)

 

Fusion Wolfsburg/Königslutter am Elm

Königslutter bekräftigt das Fusionsvorhaben
KÖNIGSLUTTER. Der Rat der Stadt Königslutter am Elm hat sich am 12. Dezember auf Antrag der CDU-FDP-Gruppe mit der vom Rat im März 2013 erklärten Absicht, mit der Stadt Wolfsburg zu fusionieren, nochmals befasst.
Hintergrund war der bekanntlich im Oktober letzten Jahres durch das Land Niedersachsen veränderte Fusionsprozess zwischen der Stadt Wolfsburg und dem Landkreis Helmstedt, da es galt, die regionalpolitische Balance in dem Prozess zu wahren. Bürgermeister Hoppe hatte in diesem Zusammenhang angekündigt, im Januar 2014 Oberbürgermeister Mohrs in den Verwaltungsausschuss einzuladen. Dieser nahm die Gelegenheit nun war, im Verwaltungsausschuss der Stadt mit den Mitgliedern über eine mögliche Fusion Wolfsburgs mit Königslutter am Elm zu diskutieren. Mohrs kündigte an, demnächst unter Moderation des Innenministeriums in Gespräche mit den benachbarten Gebietskörperschaften zu gehen, um die Möglichkeiten einer Fusion, auch unter den neuen Gegebenheiten, zu erörtern. Angestrebt werde nach wie vor, bis zur Kommunalwahl 2016 eine Lösung zu finden, der Oberbürgermeister machte deutlich, dass die angedachte Gesamtfusion des Landkreises Helmstedt mit der Stadt Wolfsburg für ihn die beste Lösung bedeutet hätte. Die Stadt Wolfsburg werde nun die Eingemeindung unmittelbar an die Stadt Wolfsburg angrenzender Gemeinden verfolgen. Daher begrüße er ausdrücklich, dass der Rat der Stadt Königslutter am Elm weiterhin an einer Fusion mit Wolfsburg festhalte, was Bürgermeister Hoppe auch nochmals schriftlich dem Innenminister Pistorius mitgeteilt habe. Einig waren sich alle Gesprächspartner darüber, in öffentlichen Veranstaltungen über den Stand der Fusionsverhandlungen zu informieren, da bei den Bürgerinnen und Bürgern der Eindruck entstehe, dass es hier nicht weiter gehe.

Veröffentlicht in:
Helmstedter Blitz, 22.01.2014, S. 12



Busverbindung im Stundentakt zwischen Wolfsburg und Königslutter

Neue Linie nach Wolfsburg
Königslutter/Wolfsburg. Die beiden Verkehrsgesellschaften Wolfsburger Verkehrs-GmbH (WVG) und Kraftverkehrsgesellschaft mbH Braunschweig (KVG) haben in Zusammenarbeit mit dem Aufgabenträger für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), dem Zweckverband Großraum Brauschweig (ZGB), die Planungen zu einer lang erwünschten direkten, umsteigefreien Busverbindung zwischen Königslutter und Wolfsburg abgeschlossen.
Nun laufen die Arbeiten entlang der Strecke: Beschriftungen von Haltestellen, Einrichtung neuer Haltestellen und vieles mehr.

Von Montag bis Sonnabend
Die neue Linie wird im Status einer RegioBus-Linie im gut merkfähigen Taktverkehr Montag bis Sonnabend verkehren.
Anfangspunkt ist in Königslutter der Bahnhof. Die Linie befährt zunächst eine Schleife um den Innenstadtbereich von Königslutter und verbessert damit dort deutlich die Erschließungsqualität des ÖPNV. Es werden folgende Haltestellen dabei bedient: „An der Stadtmauer“, „Braunschweiger Straße“, „Krankenhaus“ (neu), Stiftskirche“ (neu), „Klosterstraße“, „Am Spitzen Kamp“, „Niedernhof / Marktplatz“. Die Linie führt sodann über die Wolfsburger Straße mit weiteren Haltepunkten in Ochsendorf, Klein Steimke sowie Neindorf und anschließend weiter über Almke, Hehlingen und Nordsteimke zum Endpunkt „Hauptbahnhof Wolfsburg“.
Die Busse fahren von Montag bis Donnerstag zwischen 5.30 und 21.30 Uhr, am Freitag zudem bis 23.30 Uhr.
Zu Hauptverkehrszeiten wird ein Ein-Stundentakt angeboten. Sonnabends fährt die Linie im Zwei-Stundentakt zwischen 8.30 Uhr und 23.30 Uhr. Die Linie nimmt ihre Bedienung am 8. August auf.
Zwischen beiden Städten gilt Preisstufe 2 des Verbundtarifs Region Braunschweig (VBR). Nähere Informationen werden ab Mitte Juli bei WVG und KVG erhältlich sein.


Veröffentlicht in:
Helmstedter Sonntag vom 07. Juli 2013  S.8




"Frühlingszauber" auf Schloss Wolfsburg 2013


Vom 4. bis 7. April, täglich von 10 bis 18 Uhr „Frühlingszauber“ auf Schloss Wolfsburg
In der exklusiven Atmosphäre des reizvollen Schlosses Wolfsburg heißt es vom 4. bis 7. April, jeweils von 10 bis 18 Uhr: „Frühlingszauber".
Wolfsburg. Mehr als 140 Aussteller aus ganz Europa präsentieren an diesen Tagen edlen, alten Schmuck und ausgewählte Antiquitäten, ausgesuchte Wohn- und Gartenaccessoires, Landhausmode, florale Arrangements, Kunst und Design, Frühlingsstauden und die schönsten Dekorationen aus aller Welt.
Außerhalb des Schlosses, in der romantischen Schloss- und Parklandschaft, erlebt man die Vielfalt von Frühjahrsblumen sowie Schönes und Seltenes, Trends und Traditionelles für Garten, Haus und Hof.
Die Besucher erwarten außerdem Entspannung bei klassischer Musik, frisch zubereitete Leckereien aus der Frühlingsküche u. v. m.
Während der Veranstaltung ist der Eintritt in die städtische Galerie, ins Stadtmuseum und in den Kunstverein des Schlosses kostenlos.
Als besonderer Service steht auf dem Gelände ein Geldautomat bereit, an dem Sie ganz einfach mit ihrer EC-Karte Geld abheben können.

Veröffentlicht in:
Stadtspiegel 21.Jg.  23. März 2013  6/13  S.7



„GartenRomantik“ auf Schloss Wolfsburg


Wolfsburg. Die elfte „GartenRomantik“ auf Schloss Wolfsburg findet von Donnerstag bis Sonntag, 5. bis 8. Juli, statt und ist täglich von 10 bis 19 Uhr geöffnet.
Sie wird auch in diesem Jahr ein Reisezielhöhepunkt für Gartenliebhaber rund um das historische Renaissance-Schloss sein. Die wundervoll hergerichteten Parkanlagen werden auch in diesem Jahr mehr als 50.000 Besucher aus der ganzen Bundesrepublik anlocken.
In dem großen Park des historischen Schlosses Wolfsburg findet sich unter altem Baumbestand, durchzogen von Wasserläufen, das traumhafte Ambiente einer idealen Kulisse für ein Gartenfestival. Unser diesjähriges Motto dient der Präsentation von „Artenvielfalt“, in vielerlei Hinsicht: ln exklusiver Atmosphäre präsentieren mehr als 200 Aussteller aus Deutschland, Italien, Frankreich und England ausgesuchte Accessoires wie zum Beispiel alte Steinfiguren, Wasserspiele, handbemaltes Landhausgeschirr, Klangobjekte für den Garten, Feuerschalen, Hängematten, handgetöpferte Terrakotta, exklusive Gartenmöbel, Obeliske, Rankhilfen, handgearbeitete Mode,
Schmuckunikate und vieles mehr. Stauden, Palmen, Kräuter, Heil- und Giftpflanzen, Orangenbäume, Rosen und Lavendel verwöhnen die Sinne und bieten jedem Besucher etwas für den eigenen kleinen Gartentraum. Eberhard Hentschke, von der Gesellschaft Deutscher Rosenfreunde, Udo Thiel, von dem Bezirksverband der Kleingärtner beraten bei allen Fragen „rund um das Gedeihen der heimischen Pflanzen“. Neben Entspannung bei klassischer Musik wird ein attraktives Unterhaltungsprogramm mit Fachvorträgen zu den Themen
Kräuter, Stauden, seltene Einjahrespflanzen, Bonsaipflege, nordamerikanische Gehölze, fernöstliches Bambuswunder, englische Rosen, Heidekulturen, Hortensienpflege und vielem mehr geboten.
Für Kinderunterhaltung ist außerdem gesorgt: Mit aus Papier geschöpften Fantasien herstellen, Kindermalaktion, Steineklopfen,  „Bemalen eines Gartenstuhles“ wird die GartenRomantik für Kinder ein schönes Erlebnis.
Während der Veranstaltung ist Eintritt in die Städtische Galerie, im Stadtmuseum und Kunstverein des Schlosses kostenlos.
Gourmetfreuden sind ebenso unverzichtbarer Teil wie ein attraktives Unterhaltungsprogramm, Entspannung bei klassischer Musik mit jungen Nachwuchskünstlern und andere kulturelle Erlebnisse. Gastronomie wird als Präsentation von Servierkunst auf höchstem Niveau definiert. Ausgesuchte Weine, Cocktails und Genüsse der französischen und italienischen Küche erstklassiger Restaurants vollenden den
Besuch und machen ihn auch kulinarisch zu einem Erlebnis. Aber auch Praktisches ist wesentlicher Bestandteil des Einkaufsvergnügens.
So können die Besucher kostenlos einen kleinen Handwagen ausleihen, ihre Einkäufe in einem extra Zelt zwischenlagern oder bei schweren Gegenständen vom Lieferservice zum Auto Gebrauch machen.
Weitere Informationen zum Gartenfestival auf Schloss Wolfsburg gibt es auch im Internet unter www.schloss-romantik.de.

Rund um das Schloss Wolfsburg findet am nächsten Wochenende
zum elften Mal die „GartenRomantik“ statt. Foto: privat


Quelle: Helmstedter Sonntag  01.07.2012  S. 17


LINK: http://www.schloss-romantik.de/gartenromantik/home.html

 







Gründungsveranstaltung B.A.C.A.-Chapter in Wolfsburg

Internationale Gäste kamen zur Gründungsveranstaltung
„Spear Chapter“ wurde nun in Wolfsburg gegründet
SCHÖNINGEN (nj). Ein großer Schritt wurde in Wolfsburg getan. Der Verein Bikers against Child Abuse (B.A.C.A.) gründete eine lokale Abteilung - und die nennt sich passend zu den Schöninger Speeren „Spear Chapter“. Besucher aus Missouri (USA), Texas (USA), Tschechien, Italien, Holland und natürlich allen Ecken der Bundesrepublik Deutschland kamen am vergangenen Wochenende nach Wolfsburg. Allen gemein war dabei, dass sie dem Verein „B.A.C.A“ angehören - Bikers against Child Abuse. Nicht zu veıwechseln ist der Verein mit dem in der Region bereits bekannten Verein „B.A.C.A.A.“, der zwar im Grunde die gleichen Ziele verfolgt, aber andere Wege geht. Dies wurde auch im Rahmen einer Presseerklärung so dargestellt. Die „Bikers against Childporn and Abuse (B.A.C.A.A.)“ und die „Bikers against Child Abuse (B.A.C.A.)“ würden mit dem gleichen Ziel auf anderen Wegen gehen. In bestimmten Bereichen seien die einen aktiver, in anderen Bereichen die andere Vereinigung - das Wohl derjenigen um die es aber geht, Kinder nämlich, steht bei beiden Vereinigungen an erster Stelle.
Bevor am Sonnabend allerdings die Gründungsparty steigen konnte, gab es rund fünf Stunden „Training“ für die Gründungsmitglieder des „Spear Chapter“. Denn die Motorradfans, die sich gegen Kindesmissbrauch einsetzen wollen, sollen gut ausgebildet sein und wissen was sie tun, um nicht in mögliche Fettnäpfchen des Gesetzes zu treten. Gerade bei diesem heiklen Thema sei dies sehr wichtig, erklärt der Schöninger Sascha Preß.
Am Abend ging es dann mit rund 200 Gästen aus aller Welt richtig zur Sache. Die Liveband frei-willich.de sorgte für ordentlich Stimmung bis die amerikanischen Gäste die Bühne für sich und ihre grandios improvisierte Country-Musik eroberten.
Bodie Henryk Ambrush, der vielen in der Region ebenfalls bekannt sein dürfte, übergab zudem ein Gründungsgeschenk in Form eines Bildes und hielt am späten Abend noch eine ergreifende Rede.
Am Sonntag stand dann vor allem für die auswärtigen Gäste eine Tour durch die neue Heimat der Vereinsabteilung an. Das paläon, der Tagebau, das Grenzdenkrnal Hötensleben, das Volkswagen Werk und verschiedene Kriegsdenkmäler standen auf dem Programm.
Schon im Vorfeld der Regionsgruppen-Gründung war B.A.C.A. in der Region aktiv geworden und hat Präsenz gezeigt. Allen voran Sascha Preß, der unter anderem bei einem Spendenwettbewerb der Firma Warmbein Communications teilgenommen hatte und sich so noch vor tatsächlicher Gründung des Chapters ein gutes Startkapital durch die gewonnene Spende erarbeitet.

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Helmstedter Blitz vom 15.05.2013  S. 4



Zu Wolfsburg bekannt

Der Vorsitzende der Senioren-Union, Gerhard Hagen, überreichte Bürgermeister Alexander Hoppe ein kleines Dankeschön mit dem Titel "1.2.3.schuldenfrei" für das Referat über die Fusionsabsichten der Städte Wolfsburg und Königslutter. Foto: privat

Königslutter. An der Mitgliederversammlung der CDU-Senioren-Union der Stadtvereinigung Königslutter in den Kärntner Stub'n in Königslutter haben trotz des schönen Frühlingswetters über 30 Prozent der Mitglieder teilgenommen. Neben den Regularien und Berichten stand das Referat des Bürgermeisters der Stadt Königslutter, Alexander Hoppe, über die Fusion der Städte Königslutter und Wolfsburg im Mittelpunkt der Veranstaltung.
Klar herausgestellt wurden die zwei Ebenen des Zusammengehens des Landkreises Helmstedt mit der kreisfreien Stadt Wolfsburg. So sei wegen der juristischen Vorgaben zunächst nur ein Gemeindeverbund zwischen diesen beiden Gebietskörperschaften möglich. Aber in einer darunter liegenden Ebene dieses Gemeindeverbundes bestehe die Möglichkeit einer Fusion der beiden Städte. Dabei würde die Stadt Königslutter ein Stadtteil der Stadt Wolfsburg werden, die ihren Status als kreisfreie Stadt behalten würde.
Voraussetzung dafür ist die Konformität mit der Verfassung. Als Basis dafür müsste ein entsprechendes Gesetz durch den Landtag geschaffen werden. Ziel der Fusion soll das Jahr 2016 sein.
Der Vorsitzende der Senioren-Union, Gerhard Hagen, überreichte Bürgermeister Alexander Hoppe ein kleines Dankeschön mit dem Titel ,,1.2.3. schuldenfrei" für das Referat über die Fusionsabsichten der Städte Wolfsburg und Königslutter.         Foto: privat
Die angeregte Diskussion erstreckte sich auf Fragen zur Notwendigkeit des Zusammenschlusses, die Ausgestaltung der Vertretung der Bürger in den kleinen verbleibenden Ortschaften, die zukünftigen verbleibenden Aufgaben in den Altgemeinden zur Betreuung der Bürger, Erhöhung der Lebensqualität der Bürger durch beispielsweise besseren ,,Öffentlichen Nahverkehr" und vieles mehr. Es wurde klar herausgestellt, dass ein Ausscheiden einzelner Ortschaften aus den jetzt gültigen Grenzen nicht möglich ist.
Die Beschlüsse dazu werden in den zuständigen Gremien der Stadt Wolfsburg am 13. März und der Stadt Königslutter am 14. März gefasst. Danach wird man konkrete Verhandlungen aufnehmen, so Hoppe. Auf jeden Fall würden die Bürger an den Überlegungen beteiligt werden. Die Organisation dafür muss noch geschaffen werden.
Der Ratsherr und Vorsitzende des Stadtverbandes der CDU, Andreas Weber, berichtete noch über Möglichkeiten der Entschuldungshilfen und weitere Aspekte der Fusion, so beispielsweise die Schaffung einer festen Buslinie zwischen Wolfsburg und Königslutter, der jetzt auch die KVG Braunschweig zugestimmt hatte. Die Senioren-Union der Stadtvereinigung Königslutter stand abschließend einer Fusion mit Wolfsburg zustimmend gegenüber.

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Helmstedter Sonntag Nr. 10 vom 10.03.2013 S. 20

Königslutter im Aufbruch

Königslutter im Aufbruch
„Südkreis wird es schwer haben"
von Yvonne Weihs
Rhode. Aufbruchsstimmung mit gleichzeitigem Apell, die kleinen Ortschaften nicht zu vergessen, vermittelten die Bürger, die sich zur letzten Fusions-InformationsVeranstaltung mit Helmstedts Landrat Matthias Wunderling-Weilbier und dem Wolfsburger Oberbürgermeister Klaus Mohrs ins Dorfgemeinschaftshaus Rhode aın Mittwochabend eirıfanden.
„Das Europa der Zukunft kennt keine Landkreise, das Europa der Zukunft kennt Regionen“, leitete Helrnstedts Landrat die letzte von insgesamt acht Informationsveranstaltungen ein. Wenn es nach der Stadt Königslutter ginge, kann eine Region aus Wolfsburg und dem Landkreis Helmstedt, ganz gleich wie die letztendliche Bezeichnung dafür auch sein möge, nicht schnell genug umgesetzt werden.
Offen hatte man sich in jüngster Zeit in Rat und Verwaltung zur Zusammenarbeit mit Wolfsburg bekannt, ein weiteres Zeichen zur interkommunalen Zusammenarbeit mit dem neuen Gewerbegebiet Ochsendorf/Neindorf gesetzt und möchte nun aufs Ganze gehen.
Hoch interessiert zeigten sich die Bürger in der offenen Fragerunde entsprechend an einer möglichen direkten Fusion mit Wolsburg. „Natürlich kann auch Königslutter mit Wolfsburg fusionieren. Wolfsburg wäre dann allerdings einwohnerzahlenmäßig den anderen Gemeinden im Regionsverband überlegen. Wir werden diesbezüglich aber generell immer überlegen sein, egal, was wir tun – schließlich können wir unsere Bürger ja rıicht einfach abschaffen. Das Ganze muss eben noch auf den Prüfstand. Aber selbst wenn es mit dem Gebietsverband nichts wird, können wir uns in Wolfsburg durchaus vorstellen, mit Königslutter zu fusionieren“, erklärte der Wolfsburger Oberbürgermeister Mohrs.
Trotz aller Euphorie appellierte Kreislandwirt Gerhard Rott, die Landwirte und auch den schwachen Südkreis nicht zu übersehen beziehungsweise zu übergehen: „Wir Landwirte möchten mit einbezogen werden, wenn es um neue Gewerbeflächen geht. Die Landwirtschaft ist unsere Existenzgrundlage und wenn Sie uns den besten Acker nehmen, dann gehen hier Existenzen womöglich zugrunde.“ Sein Wort, keinen Landwirt in Existenznot bringen zu wollen, gab Landrat Matthias Wunderling-Weilbier: „Wir wären ja töricht, wenn wir unsere regionale Landwirtschaft zerstören.“ Dass es der Südkreis nicht leicht haben werde, daraus machte Oberbürgermeister Mohrs keinen Hehl: „Es wird sich sicherlich kein VW-Zulieferer in Jerxheim ansiedeln, dafür ist Heeseberg einfach zu weit weg, aber der Südkreis generell hat Buschhaus. Dort schlummert soviel ungenutzte Energie, dort kann sich noch Einiges tun.“
In Königslutter endete die Veranstaltungsreihe zur möglichen Fusion Wolfsburg-Helmstedt. „Das bedeutet aber nicht, dass wir Sie in Zukunft nicht weiter informieren. Wir wollen Sie auch an den nächsten Schritten teilhaben lassen - denn wir machen das hier schließlich nicht für uns, sondern für die Bürger des Landkreises Helmstedt sowie der der Stadt Wolfsburg“, betonte Landrat Matthias Wunderling-Weilbier abermals deutlich.
Noch einmal werden die Oberhäupter des Landkreises Helmstedt und der Stadt Wolfsburg zu einem Gespräch zusammenkommen, bevor der Entscheidungshammer im Kreistag am Freitag, 15. März, fällt. Sollten sich sowohl der Kreistag in Helmstedt und der Rat in Wolfsburg für den nächsten Schritt zur Fusion entscheiden, kann ab 1. April mit der Ausarbeitung des künftigen Gebietsverbandes begonnen werden. „Bis 2016 wollen wir damit fertig sein“, gaben Wunderling-Weilbier und Mohrs bekannt, die in diesem Zusammenhang auch auf die dann anstehende Kommunalwahl verwiesen. „Im selben Zug kann dann nämlich ein entsprechendes Parlament mit entsprechender Aufgabenverteilung im Verband gewählt werden“, so Mohrs, der versicherte, dass die „neue Regierung“ hinter der vorrausgegangenen Ausarbeitung stehen wird.


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Helmstedter Sonntag Nr. 9 vom 03.März 2013  S. 20




Eine integrierte Gesamtschule für Königslutter

Uwe Strümpel zu Gast bei Hoppe .
Eine IGS wird bald für Königslutter möglich
KÖNIGSLUTTER. Im Rahmen seiner Bürgermeisterbesuche ließ sich Uwe Strümpel von Bürgermeister Alexander Hoppe über die Situation in der Stadt Königslutter informieren, heißt es in einer Pressemitteilung.
„Die dramatische Verschuldung der Stadt lässt keinerlei Spielräume mehr zu und führt zu Kürzungen im freiwilligen, sozialen Bereich, die eigentlich nicht mehr zu verantworten sind“, so Bürgermeister Hoppe. Einigkeit besteht daher, dass der Weg der Fusion des Landkreises Helmstedt mit der Stadt Wolfsburg zur Zeit die einzige Alternative ist, um wieder handlungsfähig zu werden. Bürgermeister Hoppe begründete, warum die Stadt Königslutter, insbesondere wegen der enormen Verschuldung, die Eingemeindung anstrebe.
Weitere Gesprächsthemen waren die Vereinbarung über das gemeinsame Gewerbegebiet mit der Stadt Wolfsburg, die Zukunft des Schwimmbades und die Unterbringung der syrischen Flüchtlinge.
Des Weiteren fühlt sich Königslutter als Schulstandort benachteiligt. Daher begrüßten beide Gesprächsteilnehmer, dass Königslutter frühestens ab dem Schuljahr 2014/2015 durch die Veränderung des Schulgesetzes endlich eine IGS einrichten könne. Die Elternbefragung aus dem Jahr 2011 (über 70 Prozent Zustimmung) belegt diesen Wunsch nachdrücklich. Bürgermeister Alexander Hoppe und der Landtagsabgeordnete Uwe Strümpel sind sich einig, diese Veränderung mit Nachdruck zu verfolgen. Beide wollen durch weitere Gespräche und Vorhaben zu einer positiven Entwicklung von Königslutter beitragen.

Veröffentlicht in:

Helmstedter Blitz vom 15.05.2013 S. 6



Automobilzulieferer siedelt sich an

Im Gewerbegebiet Königslutter-Ochsendorf sollen 100 neue Arbeitsplätze entstehen

 

Automobilzulieferer siedelt sich an

 

Die Unternehmensgruppe Aunde mit ihren Marken Aunde, Isringhausen und Fehrer wird im Gewerbegebiet Königslutter-Ochsendorf einen Standort für Projektmanagement und Produktionsentwicklung gründen. Dieses gaben Aunde-Geschäftsführer Cesur Sünnetcioglu und Bürgermeister Hoppe kürzlich bekannt.

 

 

Königslutter. Die Unternehmensgruppe Aunde, ein weltweit operierendes Unternehmen, hat zurzeit mehr als 100 Werke in 27 Ländern. Die Gruppe gehört zu den 100 größten Automobilzulieferern weltweit. Im Gewerbegebiet wird nun das 110. Werk entstehen. Das Investitionsvolumen in Ochsendorf wird mehr als 10 Millionen Euro betragen. Die Realisierung wird in zwei Bauabschnitten erfolgen. Ende des ersten Quartals 2017 soll die Grundsteinlegung erfolgen, Anfang 2018 soll der Betrieb aufgenommen werden. Bis zu 100 neue Arbeitsplätze werden nach der endgültigen Fertigstellung des Standortes geschaffen.

 

Bürgermeister Alexander Hoppe zeigte sich hocherfreut, dass es nach den vertraulichen Verhandlungen, die seit September 2015 geführt wurden und an denen der Landkreis Helmstedt, das Land Niedersachsen und die Wolfsburg AG beteiligt waren, gelungen sei, das namhafte Unternehmen anzusiedeln — auch wenn manchmal nach außen der Eindruck entstanden sei, es tue sich nichts hinsichtlich der Ansiedlung von Firmen in Ochsendorf. Hoppe hob zudem die vertrauensvolle und vertrauliche Basis bei den Gesprächen hervor.

 

Sünnetcioglu unterstrich die positive Zusammenarbeit mit der Stadt, die neben den hervorragenden infrastrukturellen Voraussetzungen des Gewerbegebietes mit unmittelbarer Anbindung an die A2 und die A39 dazu geführt habe, dass sich Aunde für den Standort Ochsendorf entschieden habe.

 

Hoppe ging auch auf die gemeinsame Entwicklung des Gewerbegebietes Neindorf/Ochsendorf ein, das zusammen mit der Stadt Wolfsburg forciert werden soll. Hier warten die Beteiligten nach der durchgeführten Antragskonferenz auf die Entscheidung des ZGBs über die Einleitung eines Raumordnungsverfahrens.

 

Der Landesbeauftragte Matthias Wunderling-Weilbier vom Amt für regionale Landesentwicklung Braunschweig und Landrat Gerhard Radeck stellten die Ansiedlung als Erfolg für die Stadt, den Landkreis und die Region heraus und gingen auf die positive Signalwirkung durch die Ansiedlung im Gewerbegebiet ein. Beide sicherten die weitere Unterstützung ihrer Behörden zu. Gleichfalls soll die Zusammenarbeit mit der Wolfsburg AG fortgesetzt werden.

 

Foto: Freuen sich über die Ansiedlung (v. l.): Landrat Gerhard Radeck, Matthias Wunderling-Weilbier (Landesbeauftragter für regionale Landesentwicklung), Joachim Wirtz (Standortleiter Aunde), Cesur Sünnetcioglu (Geschäftsführer Aunde), Bürgermeister Alexander Hoppe, Thomas Ahlswede-Brech (Wolfsburg AG) und Michael Imhof (Vertriebsleiter Aunde)

 

 

Veröffentlicht in: Stadtspiegel für Landkreise Helmstedt, Wolfenbüttel und Umgebung 24. Jahrgang Nr. 23/16 vom 02.12.2016 S. 1

 

 

Zusammenarbeit mit Wolfsburg wird ausgebaut

Gemeinsames Gewerbegebiet Königslutter-Wolfsburg

Ochsendorf.  „Die Stadt Königslutter am Elm schafft mit der Stadt Wolfsburg die planungsrechtlichen Voraussetzungen für ein gemeinsames Gewerbe- und Industriegebiet im Raum zwischen Neindorf und Klein Steimke/Ochsendorf nördlich der A 2". Dieser Beschlussempfehlung folgten die Ratsmitglieder auf der jüngsten Ratssitzung einstimmig. Damit wird die Zusammenarbeit mit der Stadt Wolfsburg, über die vor allem in den vergangenen Wochen intensiv diskutiert wurde, weiter intensiviert.
Bei der Interkommunalen Gewerbeflächenentwicklung Ochsendorf/Neindorf ist zunächst vorgesehen, im nördlichen Bereich die bislang noch bei einer Machbarkeitsstudie herausgenommene Fläche, die sich im Landschaftsschutzgebiet mittlere Schunter befindet, sowie weitere Flächen im nordöstlichen Bereich in die Planung einzubeziehen.
Die zusätzliche Fläche aus dem Landschaftsschutzgebiet beträgt etwa 23 Hektar, die andere etwa 25 Hektar. Mit beiden Flächen würde sich das Gewerbegebiet von derzeit 141,6 Hektar um 48 Hektar auf rund 189 Hektar vergrößern.
Für die Kosten für die Planung tritt zunächst einmal die Stadt Wolfsburg in Vorleistung. Zunächst wird eine Lenkungsgruppe Interkommunale Gewerbeflächenentwicklung Ochsendorf/Neindorf gebildet, welche sich aus kompetenten Vertretern beider Gebietskörperschaften zusammensetzt.
Die Ortsräte der betroffenen Ortschaften hatten Einwände, die bei der Planung geprüft werden. Ratsherr Peter Birke aus Ochsendorf ist Befürworter: „Dies ist einer der wichtigsten ersten Schritte für eine Zusammenarbeit mit Wolfsburg. So nimmt das Gewerbegebiet wieder Fahrt auf. Das gibt neuen Schwung."
Die Vertreter aller im Rat vertretenden begrüßten die Interkommunale Zusammenarbeit und bezeichneten wie Bürgermeister Alexander Hoppe das Vorhaben als ein wichtiges Zukunftsprojekt für die Stadt Königslutter.    bs

Veröffentlicht in:

Stadtbüttel / Mitteilungsblatt der Stadt Königslutter / März 2013  S. 33

 



Kulturelles Bindeglied zwischen den Völkern

Ein Jahr italienisches Kulturinstitut Wolfsburg
Kulturelles Bindeglied zwischen den Völkern

Natürlich kann eine solche Einrichtung im modernen Wolfsburg nur mit vielfältiger Unterstützung bestehen: Die Stadt Wolfsburg ist finanzkräftiger Partner. Und nicht nur sie: Das Volkswagenwerk ist Vize-Patron, allerdings recht diskret. Das Italienische Kulturinstiut, wie könnte es da anders sein, hat sich im ersten Jahr seines Bestehens einen respektablen Ruf in Niedersachsen erworben. Es ist indes mehr als bloß ein Kulturinstitut, es ist eine Klammer zwischen Deutschen und Italienern in der Volkswagenstadt; mehr noch, zwischen dem reichen Wolfsburg und dem teilweise verarmten Italien.

Von dort kommen fast alle Kulturprogramme. Dorthin gehen fast alle Bildungsreisen. 25 Vorträge in Wolfsburg und 26 in anderen Städten, sechs Literaturlesungen, drei Kammerkonzerte, sieben Foto- und Malerausstellungen, Ballett und Commedia dell'arte im Theater sowie fünf folkloristische Veranstaltungen, 22 Dokumentar- und Spielfilme sind schon ein erstaunlich großes Programm für ein Institut, das im Grunde gar kein Institut ist; nur eine Abteilung, uno sezione di Wolfsburgo. Und das eigentlich nur aus der Leiterin und engagierten Zeitkräften besteht.


Weichen gestellt
Dennoch hat die, wie es sich für ein Kulturinstitut gehört, im Rahmen der Eröffnung einer Malerei-Ausstellung mit dem Titel „Deutsch-Italienischer Ausdruck" verabschiedete erste Direktorin, Professor Giuditta Podestà, die Weichen in die Zukunft gestellt. Ihre große Aufgabe sah sie darin, die Menschen anzuspornen und und Kontakte auszubauen. Darum auch schrieb das Institut Wolfsburg-Preise für Poesie, Malerei, Fotografie und Literatur aus. Darum plant es Technik-Wettbewerbe für 1988, dem Jahr des 50jährigen Bestehens Wolfsburgs.

Ansporn zur Leistung, zur Ausbildung der eigenen Fähigkeiten sollten die Preise sein und manch versteckte künstlerische Nebentätigkeit wurden offenbar: Werke, die nach Schicht im Werk entstanden; geschaffen von Italienern aus Camparien, Ligurien, oder Umbrien, die alle eines verbindet: Sie haben Arbeit gefunden in Deutschland, in Niedersachsen, in Wolfsburg, im Volkswagenwerk.
Aber nicht alle hier lebenden Italiener sehen das neue Kulturinstitut unter der grün-weiß-roten Trikolore als Bindeglied zur eigenen, fernen Heimat. Sie glauben, das Institut erhalte Gelder aus dem Etat des römischen Außenministeriums, die ihnen nun vorenthalten würden.


Schulung
Denn verschiedene Welten treffen in Wolfsburg aufeinander, die modern-emanzipierte der Deutschen und die traditionell-patriarchalische der Italiener. Nicht gern gesagt wird, daß das Gros der 8000 überwiegend bei VW beschäftigten Italiener ohnehin in sich geschlossenen Unterkünften ein Leben zwischen Band und Bett führt. Das Institut zog deshalb selbst mit Folklore, Film und Ballett in die Kästorfer Unterkünfte.

Daran ist das Werk interessiert, fördert und unterstützt die Einrichtung nicht nur finanziell. In Zusammenarbeit mit dem VW-Bildungswesen werden spezielle Kurse zur Schulung in modernen mikro-elektronischen Technologien erarbeitet. Unter Einbeziehung der italienischen Einrichtung für Erwachsenenbildung auch spezielle Sprachkurse.

Die Stadt Wolfsburg tut gleiches. Oberstadtdirektor Professor Lamberg sieht gar die Chance größeren Engagements im wissenschaftlichen Bereich. Da keine niedersächische Universität über einen Lehrstuhl für Italianistik verfügt, sei Wolfsburg als Schwerpunkt italienischer Auswanderung für diese Aufgabe prädestiniert. Ein sicherlich ehrgeiziges Ziel, aber mit der Verwirklichung eines Gesamtkataloges italienischer Literatur und Literatur über Italien wäre ein Anfang gemacht.

Eine Aufgabe, welche nun die zweite Institutsleiterin fortführen muß. In das spartanisch eingerichtete Büro unterhalb der Italienischen Konsularagentur und vis-à-vis dem Wolfsburger Rathaus zieht demnächst Professor Rosa Losengo-Ries ein.   Hans Karweik


Veröffentlicht in:
Braunschweiger Zeitung  08.11.1986  S. 12

Einfügung:

Am 09.05.2012 hielt Dr. Norbert Funke einen Vortrag zu "Nicolaus von Ferrara im Kaiserdom zu Königslutter". Veranstalter war das italienische Kulturinstitut Wolfsburg.

LINK: http://www.iicwolfsburg.esteri.it/IIC_Wolfsburg/webform/SchedaEvento.aspx?id=335

 

Der Vortrag und die integrierte Führung waren außerordentlich informativ. Hr. Dr. Funke konnte die architektonischen und bildhauerischen Besonderheiten des elften und zwölften Jahrhunderts in Italien den Zuhörern sehr detailliert vermitteln. Die Bezüge zu Deutschland belegte er vor allem anhand von Bildmaterial. Seit seiner Dissertation und seiner mehrjährigen wissenschaftlichen Arbeit in Italien ist Hr. Dr. Funke fachlich mit dieser Materie vertraut. Königslutter kann sich glücklich schätzen, im Hinblick auf den Kaiserdom von diesem bauhistorischen Erfahrungsschatz zu profitieren.



Wolfsburg zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges

 

Der Wolfsburger „Krieg“.

 

Von J. R. von Loewenfeld.

 

Ähnlich den Obergs auf Öbisfelde haben die ebenso im Grenzlande eingesessenen Bartenslebens auf Wolfsburg einst eine Schaukelpolitik zwischen den widerstreitenden Nachbarn Brandenburg, Magdeburg, Braunschweig getrieben, ja treiben müssen.


Günther von Bartensleben im Schloss Wolfsburg


Ihr Besitz in verschiedenen, rivalisierenden Fürstentümern nötigte geradezu Wege der Diplomatie auf. Wie die Obergs endeten auch die Wolfsburger beim Anschluß an Magdeburg. Immerhin ließ man sich doch mit den Braunschweigern etwas reichlich noch weiterhin ein. Im Vertrag vom 18. März 1397 (ähnlich 1394) stellten sich die drei Ritter samt ihren Erben mit dem Schlosse in welfische Dienste. Aber wie lange hat dann trotzdem das Erzstift unangefochten Landeshoheit und Lehnsherrlichkeit in der Wolfsburg und den zugehörigen Dörfern Heßlingen und Hehlingen behauptet! Außerdem nahm jener Vertrag eine Unterstützung gegen Brandenburg und Magdeburg ganz ausdrücklich aus. Wenn nun vor dem großen Kriege Braunschweig-Wolfenbüttel plötzlich seine Landeshoheit über Wolfsburg behauptete und die Burg einfach in den Wolfsburger Werder einrechnete (Umgegend von Vorsfelde), der freilich von ihm zu Lehen ging, dann sprach das entscheidende Wort der Landhunger, nicht das Recht. Ein preußisches Gutachten von 1724 führt sehr richtig u. a. aus: Erst erstrebt Wolfenbüttel die Landeshoheit, später auch Lehnshoheit. Also verdächtige Prinziplosigkeit! Das plötzliche Auftauchen früher nicht geltend gemachter Ansprüche käme davon, daß man bei wirren Zeiten im Trüben fischen wollte, und zwar sollte Gewalttätigkeit einschüchtern, Zwang den braunschweigischen Untertaneneid erpressen, bis das Erzstift vor vollendeten Tatsachen stand. Dies aber um so mehr, als des sterbenden Erzbistums letzter Administrator wußte:

 

 

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78 Der Wolfsburger „Krieg“

 

Mein Land erbt Brandenburg. Da mußte ihm die Lust fehlen, es mit den Welfen aufs Äußerste ankommen zu lassen. Der Umfang des Werders, heißt es weiter, sei in den bartenslebenschen Lehnsbriefen von Braunschweig selbst früher genau angegeben, Wolfsburg mit seinen zwei Dörfern nicht dabei. Als Obrigkeit habe man dort für Magdeburg gebetet, die erzstiftische, nie die braunschweigische Kirchenordnung befolgt. Trotz solcher treffenden Kritik stellten sich Verwicklungen und Nöte ein, die, zumal bei ihrer langen Dauer, sehr, sehr bitter empfunden worden sind. Auf des Seelsorgers Frage, ob er seinen Feinden verziehen habe, antwortete 1663 der sterbende Günther von Bartensleben laut der Leichenpredigt: „Ich habe meinen Feinden von Herzen vergeben. Ich habe sie dem Gerichte des gerechten Gottes übergeben, der als ein rechter Richter sie zur rechten Zeit finden wird“. Noch zucken heiße Leidenschaften durch dies Wort des ernsten Mannes, der noch nicht dreiundvierzigjährig auf dem letzten Lager liegt. Am Sarge der Anna von Bartensleben sagt 1665 Pastor Camitius unter Hinweis auf die prophezeite Zerstörung Jerusalems: „Wir armen Leute allhier zur Wolfsburg dürfen nicht ansehen den betrübten Zustand der Stadt Jerusalem oder daselbst unser Unglück und Jammer suchen, die wir allhier genugsamb unser Unglück vor Augen haben. In welchen Jammer und in welchen trübseeligen Hertzeleid wir eine Zeit, ja etliche Jahr hero gelebet und annoch hafften, erachte ich unnötig zu sein, alleß zuerzehlen“. Dabei hatte der prächtige Mann den Dreißigjährigen Krieg in der Nähe Osterburgs durchgemacht!

 

Der Streit wurde zunächst durch den großen Krieg am offenen Ausbruch gehindert. Schon 1646 zeigt sich aber in den Versuchen, dem Wolfsburger Magister Käseberg das Wolfenbütteler Kirchenregiment aufzuhalsen, daß man die Sache im Nachbarlande durchaus nicht vergessen hatte.


 Herzog August der Jüngere in Wolfenbüttel



Eigentlich ist der Welfenherzog August, der dann die Streitaxt ausgräbt, eine sehr bedeutende Persönlichkeit.


 
 Informationen zur Burg Hitzacker  


Ehe er, wider eigenes Erwarten, zur Herrschaft gelangt, hat er auf Schloß Hitzacker, seinem „Ithaka“, den Büchern gelebt, um dann, ein alter Mann beharrlich und fleißig sein vom Kriege heimgesuchtes Land

 

 

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neu aufzubauen.


 
 Universität Helmstedt  HAB Wolfenbüttel Augusteerhalle


Die Universität Helmstedt, 1627 nur noch zwei Studierende zählend, erlebte unter ihm mit 2000 Studenten ihre Höchstfrequenz. Und doch hat gerade er, freilich manchmal unnötig gereizt, die Händel bis zum Tode fortgesetzt, um Wolfsburg Magdeburg abzugewinnen. Dabei suchte er 1647 zunächst einmal die schwedische Garnison unter Major Beckmann fortzubekommen. Aber die Bartenslebens machten den Administrator August aufmerksam, daß nach dem schwedischen Abzug sich der Welfe einnisten würde. So gerieten beide August widereinander. Die bereits willfährig scheinenden Schweden, Generalmajor Axel Lillie(n) als Unter-, Feldmarschall Wrangel als Oberführer, schwenkten. Wolfsburg wollten sie jetzt einer magdeburgischen Truppe anvertrauen, falls auch die kaiserliche Generalität dessen Nichtbesetzung zusicherte. Nun reisten Günther und Joachim Friedrich Bartensleben wie erst zu den Schweden als Unterhändler zum Feldmarschall Graf Holzapfel. Unterwegs wurden beide in Böhmen „durch eine freche Raube-Partey“, nämlich Marodeure, ausgeplündert. Nur die Briefe schwedischer und kaiserlicher Generalität retteten ihnen wenigstens das Leben. Magdeburg und Braunschweig verhandelten.

 
 Magdeburg Dom  Wolfenbüttel Schloss


Man einigte sich zunächst auf gemeinsame Besatzung und Rasierung der während des Krieges entstandenen Festungswerke von Wolfsburg (21. September 1647). Aber Holzapfel verlangte genau die gleiche bündige Zusicherung seitens der Schweden, um die er angegangen war, gab also nur eine Eventualgarantie. So fest wollte sich Wrangel nicht binden. Als sich jedoch Braunschweig für kaiserliche Neutralität verbürgte, ließ er trotzdem in Wolfsburg marschieren. Gewiß war der Herzog hierin auch auf seiner Landeskinder Wohl bedacht, die im Wolfsburger Werder an den Lasten der schwedischen Burgbesatzung stark beteiligt gewesen sind, und doch blieb auch die Grundherrschaft im Recht, wenn sie noch andere Pläne dahinter witterte. Als am 9. Februar 1648 sich dort Unterhändler des Erzstiftes und Herzogtums trafen, ging man ergebnislos auseinander, weil Braunschweig für sein alleiniges Besatzungsrecht stets hervorhob, nur der Herzog und nicht das unschlüssige Magdeburg hätte jene Bürgschaft geleistet. Dies Scheitern haben die Wolfsburger begünstigt,

 

 

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80 Der Wolfsburger „Krieg“.

 

damit ihre Festungswerke stehenblieben. Braunschweigs Truppen aber waren bald zur Stelle, und weil die Bartenslebens zweifellos zu Magdeburg hielten, entzog Herzog August ihnen sämtliche Einkünfte aus dem Besitz in seinen Landen.

 

Nun schlug der Administrator Lärm auf den Friedensverhandlungen in Münster und Osnabrück. Schweden schüchterte durch Einmarsch von 4 Kompagnien ins Welfenland den alten Herzog etwas ein, so daß dessen Soldateska Wolfsburg wieder verließ. Aber erst am 21. August 1650 erreichten die etwas halsstarrigen Bartenslebens die Rückgabe ihrer braunschweigischen Einkünfte unter der Bedingung, jene neuen, im Kriege hergestellten Anlagen zwischen Schloß und Mauer durch eigene Untertanen niederreißen zu lassen, vor allem eine Halbmondschanze, einen Blendgang und zwei Blockhäuser. In der Ernte stand man. Warum sollte man sich mit dem unliebsamen Geschäft übereilen? Da erschienen bereits am 30. August wieder welfische Truppen, nahmen gewaltsam die ihnen verwehrte, aber unverteidigte Burg und demolierten die Anlagen mit Hilfe eingelassenen und etwas vandalischen Landvolkes. Das Quellenmaterial bietet jetzt für Jahre nichts Gewisses. Unsere Bartenslebens warben Wachtleute, verpflichteten sogar Heßlinger und Hehlinger zum abwechselnden Burgdienst, stellten alle Befestigungen nach Möglichkeit wieder her und bestückten die Wehre mit Geschützen. Altes Recht, wie auch des Administrators Regierung den belasteten Dörfern auf deren Beschwerde antworten mußte! Aber auch ein gefährlich Unterfangen, zumal das Geschlecht zur Kostenaufbringung sogar die braunschweigischen Untertanen beschwerte, vor allem durch Erhöhung des Vorsfelder und Errichtung eines Wolfsburger Zolles. Immerhin zeigt das geharnischte Schreiben des betagten Herzogs an sie vom Juni 1658, das seine bereits scharfen Briefe von 56 und 57 übertraf, wie er gesonnen war. Unter einem Sergeanten hatte die Wolfsburg nämlich 10 maqdeburgische Musketiere eingelassen, während das Erzstift beim Kaiser und brandenburgischen Kurfürsten um Hilfe lamentierte. Daß nun Herzog August den Schloßherrn jenen Einzug der Magdeburger, die doch die eigene Obrigkeit schickte, als „unleidliches Präjudiz“ vorhielt, weil sie

 

 

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aus einem fremden territorio“ seien, klang böse. Beim Papier blieb es nicht. Den Bartenslebens werden von den sich immer mehr verstärkenden Truppen des Nachbarlandes Pferde weggetrieben. Durch Anschlag fordert der Welfe ihre Vorbürger auf, sich seinen Kommissaren zur Huldigung zu stellen. Braunschweigisches Landvolk sammelt sich zur Blockade, die dann auch bis zur völligen Abschnürung der umstellten, etwas verproviantierten Burg Wirklichkeit wird. Am 18. Oktober 1658 wenden sich auch die bedrängten Hehlinger klagend nach Magdeburg. Sie berichten: ,,Welchergestaldt Wir, bei wehrender Wolffsburgischer vnruhe in diesem abgewichenen Sommer, mit Unsern benachbarten Dörffern, im Fürstenthumb Braunschweigk belegen, wegen der Hut vnndt weyde immer zustreiten gehabt, massen selbe einwohner mit Zuziehung der Fürstl. Braunschweig. Beambten, Unß vff der Huet vnndt Weyde, alwo wir bey menschen lebtage Unser Vieh geweidet, auch Unssern Dorff für diesen vonn den Fürstlichen Herrn Commissariis zugebilligt, sondern Unsern Hürten Wegkgeiaget vndt gepfändet, vndt haben wir also Unser Viehe klein vnndt Groß, nirgendts sicher hüten vndt weiden dörffen.“ Das selbst beschwerte Wolfsburg könne nicht helfen. Als Hauptbösewicht wird der ehemals Bartenslebensche, jetzt Braunschweigische Amtmann Philipps genannt. Dieser reitet selbst ins Dorf, um den Hehlingern den Braunschweiger Untertaneneid aufzureden. Bei Weigerung der Kontribution „wolte er vnß durch hartte executionsmittel baldt dazu zwingen“. Als freilich Magdeburg später wirklich etwas Militär hinschickt, heißt man den Korporal in Hehlingen durchaus nicht allerseits willkommen, sei es Knauserei, sei es, weil man sich sagte, der Magdeburger Rohrstab reize nur den Gegner und knicke selbst beim Stützen zusammen.

 

Das Wolfenbütteler Vorgehen war stark. Jetzt sendet Brandenburg als Erbe des Erzstiftes zwei Kompagnien Fußvolk und Reiter, worauf sich die Blockadetruppen nach Vorsfelde verziehen. Aber dann marschieren die Märker infolge gütlicher Abrede mit den Herzoglichen wieder davon. Der Öbisfelder Amtsschreiber benutzt die Zeit, auch die Grenzen der Hehlinger Enklave genau festzustellen, die Bartenslebens häufen Material, um ihr gutes altes Recht und

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die Schadenersatzklagen zu belegen, des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation Kaiser in Wien beauftragt die Quedlinburger Äbtissin, zwischen den Parteien zu vermitteln.


 
 Quedlinburg Stiftskirche und Schloss  


Aber die Oktoberkonferenz 1658 in Quedlinburg, die alles klären soll, scheitert schon am Ausbleiben der herzoglichen Vertreter, und dann mehren sich wieder die Übergriffe der immer keckeren Braunschweiger, die Vieh wegnehmen und Erntearbeiten stören, so daß der Große Kurfürst aufs neue Dragoner schickt. Ändert es viel? Vorbürger, die sich außerhalb sehen lassen, werden von Braunschweig inhaftiert, bis die meisten Bartenslebenschen Leute mürbe wirklich ihren Untertaneneid in Vorsfelde leisten. Am 17. September 1659 bitten Agnes Maria, Catharina Dorothea, Günther, Joachim Friedrich, Christian Wilhelm und Hans Daniel von Bartensleben, doch ja die Besatzung zu belassen und nicht Herzog Augusts falschen Einflüsterungen in Berlin zu trauen. Nachdem ihnen zwei Saaten und Ernten zerstört, sogar Pachtkorn von der Wolfsburger Mühle geraubt, erwarten sie das Ärgste. Kommt die Rede auf die Schädigungen im Werder, antwortet immer Herzog August energisch, das sei wirklich seine eigene landesherrliche Angelegenheit und nur auf bartenslebensche Exzesse daselbst zurückzuführen. Da verstummen Magdeburg und Brandenburg. Es ist, als bekäme der Braunschweiger mit seiner beharrlichen Ermattungspolitik Oberwasser; denn der Biedermann Philipps fischt dem Besitzer 1663 seinen Schillerteich vor der Nase aus, um die Wolfenbütteler Grenze dort durchzulegen, und eignet sich den Roggen-Zehnten in Hehlingen an.


 Hehlingen Rolandstandbild von Georg Arfmann


Sein Herzog verbietet sogar dem Christian Wilhelm, die Base wider braunschweigisches Kirchengesetz zu ehelichen, worauf allerdings prompt Januar 1664 der Magdeburger Heiratskonsens eintrifft. Weil der treue Pastor Camitius gegenüber allen Versuchen, ihn ins welfische Joch zu spannen, ablehnend bleibt, nimmt man ihm sein Heßlinger Getreide fort, und um das Übel voll zu machen, ist der Feldherr der erzstiftischen Heerschar, nämlich Sergeant Vogelsang, selbst eine rechte Burgplage.

 

Nun muckt denn doch Brandenburg etwas auf. Die Besatzung wird verstärkt und feierlich durch gemeinsame Kommissare aller Schwindel

 

 

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ringsum mit erzwungenen Untertaneneiden annulliert, worauf sich aber sofort ein dreister braunschweigischer Beamter einstellt, die Bartenslebens unter ihrem lauten Widerspruch für die fremde Besatzung haftbar macht und sogar Anschläge in der Vorburg anheften will. Daran hat ihn denn doch der brandenburgische Offizier gehindert. Als die Bartenslebens in Magdeburg und Berlin wieder sehr um Hilfe bitten, geben Kurfürst und Administrator höchst energische Weisungen, in Wolfsburg gelte nur erzstiftisches Gebot. Administrator August nennt hierbei als Widersacher getrennt die Celler und Wolfenbütteler Linie, weil auch die erste bisweilen eigene Rechte auf die Burg aus der Luft griff. Diese haben jedoch nie bedrohliche Gestalt gewonnen — höchstens als Quertreibereien Herzog August geschadet. Zwei Herrscher als ernsthafte Mahner, aber tatkräftig greifen beide nicht durch, der eine, weil er nur Hintermann ist, der andere, weil er sich nicht zugunsten dieses Hintermannes seine Finger verbrennen möchte. Verhandeln — Verhandeln, während die Hehlinger ihre Schweine nicht ins Steplinger Holz treiben können, da Philipps mit seinen Soldaten die paar gewiß nicht sehr streitbaren magdeburgischen Bedeckungsmänner verjagt. Zum Tort hat der Gegner sogar manchmal etliche von ihnen aufgehoben und festgehalten. Wenn der nach seinem Bilde sehr würdig ausschauende Junker Christian Wilhelm von Bartensleben August 1667 in einem Briefe an den magdeburgischen Bevollmächtigten Dr. König rät, besagter Philipps käme bald in die Stadt des Domkapitels und habe verdient, daß ihm dann daselbst eine Prügelsuppe zubereitet würde, so kann man es wirklich von Herzen mitfühlen.

 

Im September 1667 stirbt Herzog August. Das schleunigst angenagelte Wappen der Nachfolger reißt man sofort von der Schillermühle und Wolfsburger Kirchtür ab, um aller Besitzergreifung zu wehren, aber Magdeburg ist doch schon so mürbe, daß es mit Abzug seiner paar Leute droht, falls die Bartenslebens, die wahrlich genug geblutet haben, nicht für sie zahlen. Immerhin wird es noch einmal bewilligt, während Hehlingen seine erzstiftischen Soldaten verliert. Am 11.-18. August 1668 einigen sich endlich Magdeburg, Brandenburg und die doch viel friedlicheren, neuen Herren von

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Braunschweig zu einem Interimsrezeß. Er wird freilich nie rechtskräftig, da man ihn schließlich doch nicht unterzeichnet, und leitet trotzdem eine ruhige Ära ein. Das Alte bleibt. An Stelle des Erzbistums legt der Brandenburger 1669 Militär auf die Burg, das noch 1671 bezeugt ist. Wo aber blieb der Schadenersatz der Bartenslebens, von ihnen nicht zu niedrig 1658—68 auf 68261 Taler 17 Gr. 4 Pf. berechnet? Wo blieben Entschädigungen für Hehlingen, Pastor Camitius usw., die jene ebenfalls einreichten?

 

Als 1742 das Aussterben der Bartenslebens naht, flackert der „Krieg“ beinahe wieder auf. In Königslutter sollen marschbereit zwei braunschweigische Kompagnien liegen. Die ersten Funken! Aber Preußen, das nachweislich auch 1708—13 drei Soldaten als Zeichen seiner Hoheitsrechte in Wolfsburg gehalten, war auf dem Posten. König Friedrich Wilhelms I. scharfem Auge entging auch unser entlegenes Fleckchen Land nicht, wie eingeforderte Berichte beweisen. Sein großer Sohn befiehlt rechtzeitig preußisches Militär heran. Die zum Verhandeln zusammengetretene preußisch-braunschweigische Kommission läßt vieles strittig, aber wegen der Burg selbst, Heßlingen und Hehlingen kommt man jetzt schon ins Klare. Sie sind preußisch. Noch gehts allerdings hart um die Schillermühle, zahlreiche Äcker und Wälder. Dann einigt sich jedoch am 4. Oktober 1746 Gräfin Anna Adelheid von der Schulenburg, die letzte und sehr tatkräftige Bartensleben, privatim mit Braunschweig gegen Zahlung von 14000 Reichstalern, und Herzog Karl genehmigt dies offiziell 1746, Friedrich der Große 1747. Preußen hat gesiegt. Das war das Ende des „Wolfsburger Krieges“, eines eigentlich recht traurigen Dokumentes partikularistischer Rivalität bei fehlender starker Reichsgewalt. Sein einziger Nutzen hier ist gewesen, daß unsere Bartenslebens seit 1668 von sich und noch mehr von ihren Untertanen — das letzte mag besonders betont werden — Lasten und Kontributionen abwälzen konnten. Sie wiesen darauf hin, daß die rechtlich ungelösten Verhältnisse des Landregimentes dringend heischten, allen Beschwerden, Klagen und Einsprüchen von vornherein das Wasser abzugraben. Sonst würde der schlummernde Zank mit den Nebenbuhlern wieder wach werden.

 

 

 

 

 

Quelle:

J. R. von Loewenfeld: Der Wolfsburger „Krieg“

Geschichtsblätter Stadt und Land Magdeburg. Mitteilungen des Vereins für Geschichte und Altertumskunde des Herzogtums und Erzstifts Magdeburg. 61. Jahrgang 1926 S. 77-84 Druck von August Hopser in Burg

 

 

 

Zur Beurtheilung der politischen Poesie.

 

Politisch Lied, ein garstig Lied! — so denkt mancher, der die Poesie recht heilig halten möchte, ohne zu ahnen, wie sehr er sie dadurch herabwürdigt. Denn soll die Poesie keine rechtmäßige Ehe mit der Politik eingehen dürfen, so ist sie nicht mehr als ein unschuldiges Spiel, so wird sie für unfähig erklärt, den edelsten Bestrebungen, der Thätigkeit für Gemeinwohl, ihre Gluth zu weihen.

 

Woher also kommt der Widerwillen, welcher oft in der „gebildeten Gesellschaft“ gegen die politischen Sänger laut wird?

 

Ich will versuchen, seine Hauptursache zu bezeichnen. — Die politische Poesie ist rücksichtslos und unbarmherzig, und dadurch verstößt sie gegen die rücksichtsvolle Milde und gegen die Fügsamkeit und Schmiegsamkeit, welche zum guten Ton gerechnet werden.

 

Das politische Lied ist offenherzig nnd geht gerad aus; es flüstert und heuchelt nicht; es spricht nicht in diplomatischen Schnörkeln und verschmäht die in sieben Schleier eingehüllten Gedanken. Es erregt und spannt die Seelen, vor seinem kräftigen Hauche muß das Laue, Matte und Halbe vergehen; es stört die Ruhe bei Tage und den Schlaf bei Nacht; es schlägt ein wie der Blitz und grollt wie der Donner.

 

 

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Die Wirkung eines solchen Liedes auf ein deutsches Sinnpflanzen-Gemüth ist dem nicht unbekannt, der die Schattenseiten unsers Familien- und Gesellschaftslebens beobachtet hat. Die Schwächlichkeit der Deutschen bei allgemeinen Lebensfragen, ihre Blödäugigkeit für das Oeffentliche, ihr Mangel an Unternehmungsgeist und Thatkraft in gewissen politischen Lagen, ihr Wiedereinschlafen nach jedem Erfolge — das alles will von dem politischen Dichter überwunden sein. Welche mädchenhafte Schüchternheit und peinliche Aengstlichkeit wird häufig im geselligen Umgange angetroffen, sobald auf Staatssachen die Rede kommt! Man geberdet sich, als wäre es da nicht geheuer, als könnte man von den Geistern eins abbekommen. Diese Befangenheit steigert sich nicht selten bis zum wahren Schrecken vor der Politik.

 

Diese unendliche Scheu und Zaghaftigkeit in der deutschen Natur, diese „deutsche Mattherzigkeit“, wie Dahlmann es so treffend genannt hat, ist ein nicht leicht besiegbares Hindeniß für die Gesundheit und innere Kräftigkeit des politischen Lebens. Vergleicht man andere Völker, so findet man vorzugsweise das deutsche Leben mit Rücksichten durchädert. Vor lauter Rücksichten und aus übergroßen Vorsicht kommen wir so äußerst langsam vom Flecke. Die Rücksichten, welche unter den Deutschen im Gange und Schwange sind, wirken in unsern Staatskörpern wie verdorbene Säfte. Es giebt sehr dicke und grobe, aber auch sehr dünne und feine Rücksichten; die letzteren sind noch schädlicher als die ersteren, weil sie unser sittliches Urtheil bestechen und vergiften. Rücksichten, die sehr unschuldig aussehen, bilden gerade das tiefste und feinste Wurzelgefaser unsrer öffentlichen Verhältnisse.

 

 

 

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Einem in Rücksichten aufgewachsenen und von allerlei Besorgnissen gelähmten Deutschen wird es sehr schwer, zu wissen, was er will, und noch schwerer, es zu thun, sobald er es weiß. Der niederdrückende Anblick dieser Seite unsres Nationalcharakters ist keine Seltenheit. Viele deutsche Männer sehen ihr Lebelang aus, wie junge Mädchen, als wären sie nicht bloß unter den Flügeln ihrer Mutter aufgewachsen, sondern noch fortwährend unter Vormundschaft. Wie sittsam und taubengleich fahren sie vor der Politik zusammen!

 

Ich meine natürlich besonders diejenige Politik, welche unser eigenes Staatswesen betrifft. Denn das Ausland wird nicht mit derselben zarten Schonung behandelt, es flößt uns nicht dieselbe stumme Scheu ein. Erst in neuerer Zeit haben die Deutschen wieder etwas von der zurückhaltenden Entsagung und Selbstentäußerung fallen lassen, mit welcher sie hauptsächlich das öffentliche Leben der verschiedenen fremden Staaten mit durchzumachen pflegen. Nicht mehr so gänzlich außerhalb Deutschlands leben wir, wie in der früheren naiven Weise; wir sind jetzt ein wenig zu uns selbst gekommen. Nicht mehr alle unsre Zeitungen sind solche, die ihre sämmtlichen Spalten den ausländischen Angelegenheiten widmen; und eben so ist auch die gesellige Unterhaltung nicht mehr gänzlich mit dem Kehren vor fremden Thüren angefüllt. Im Allgemeinen aber ist es noch die Regel, daß in der Politik die meisten deutschen Geisteskräfte nach auswärts hin verwandt werden; und zwar vermindert sich die ängstliche Rücksichtnahme in dem Maße, als ein fremdes Land weiter weg liegt. Ueber die Türkei werden ziemlich rücksichtslose Urtheile gefällt; am allerfreimüthigsten wird China besprochen. Man darf wohl hoffen,

 

 

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daß die eintretenden Handelsverbindungen mit diesem Lande nicht ein neues Gebiet von Rücksichten heiligen werden.

 

Außer den Verhältnissen der Fremde giebt es noch ein anderes Feld, aus welchem der Deutsche seine angeborne und anerzogene Scheu und Ehrfurcht in Staatssachen zu vergessen fähig ist: nämlich die Einsamkeit und den häuslichen Heerd. Manch einer richtet sein außerhäusliches Leben streng nach Rücksichten ein, und „nimmt sich sorgfältig in Acht“; er kann es aber doch nicht lassen, im Stillen unabhängig zu sein. Die Bestrebungen der Opposition läßt er sich gefallen, ohne sich ihnen offen anzuschließen; er lacht insgeheim über eine treffende Satyre, und reibt sich die Hände über Aeußerungen, welche in (alt)deutscher und deutlicher Sprache geschrieben sind. Er kann auch die Faust in der Tasche ballen und seinen freisinnigen Zorn hinter dem Ofen bei verschlossenen Thüren laut werden lassen. Ja sogar — dies ist der äußerste Punkt in solcher Richtung —- man kann ihn zuweilen ertappen, wie er ein politisches Lied absingt. Wenn ein Deutscher so weit kommt, was kann nicht noch alles aus ihm werden? —

 

Wenn wir im Vorhergehenden von dem ungelehrten, unbewußten Mißbehagen an der politischen Poesie sprachen, so wenden wir uns jetzt zu ihren Gegnern unter den gelehrten Aesthetikern und Kunstkennern. Dieser Partei will es immer noch nicht recht in den Kopf, daß die Poesie nach den Lorbeeren, die am höchsten gewachsen sind, die Hand ausstrecken dürfe. Es ist wahr, in Zeiten ästhetischer Genußsucht und einseitiger Kunstschwelgerei gedeiht die politische Poesie nicht; aber sind solche Zeiten auch begehrenswerth? Die Blüthe, in welche das politische Lied getreten ist, gilt uns für einen erfreutichen Beweis, daß

 

 

 

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die frühere Schwärmerei für die formale Kunst einer gerechteren Würdigung des Inhalts gewichen ist. Das ächte Kunstwerk muß nicht bloß einen schönen Leib, es muß vor allem eine schöne Seele haben. Ist dies für jede Kunst wahr, so ist es am wahrsten für die höchste der Künste, die Poesie.

 

Wird demnach die politische Poesie vom ästhetischen Standpunkte angefeindet, wird ihr, wie neuerlich geschehen, dir Naivetät abgesprochen, so ist dies ein Verkennen des Edelsten, was die Poesie erreichen kann. Die Kunst an und für sich, bloß ihrer selbst wegen zu schätzen, gar nicht oder nur beiläufig den Gehalt und Gegenstand derselben zu erfassen, ist eine untergeordnete Betrachtungsweise, welche der Kunst ungefähr den Rang der Buchstabenrechnung anweist. In der Kunst als solcher liegt noch bei weitem nicht ihr voller Werth, eben so wenig als das Talent allein den Werth eines Menschen bestimmt. Ein talentvoller Betrüger oder Heuchler steht doch unendlich unter einem Ehrenmanne von beschränkten Gaben.

 

Sodann kommt für die Beurtheilung der Kunst, und insbesondere der Poesie, das meiste auf das Gebiet an, welchem der Gegenstand entlehnt ist. Je höher der Stoff, desto höher der Künstler, der ihn würdig behandelt. Ein unbedingter Gesichtspunkt ist die Erhabenheit der Geisteswelt über die Naturwelt, und innerhalb jener wieder die Erhabenheit der Völker- und Menschheitsschicksale und der öffentlichen Charaktere über den Zuständen und Handlungen des Einzelnen und des Privatmenschen. Ich gebe das schönste und prangendste Gedicht von der Liebe zwischen Nachtigall und Rose, und die entzückendsten Seufzer an den Mond für ein schlichtes Lied

 

 

 

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hin, welches einer für Menschenwohl schlagenden Brust entsteigt.

 

Jede Dichtungsart muß ihre höchste Stufe damit ersteigen, daß sie von den bewegenden Ideen des Staats- und Gesellschaftslebens durchdrungen ist, oder mit anderen Worten, daß sie an der Menschheitsarbeit Theil nehmend die Vergangenheit verstehen, die Gegenwart gestalten und die Zukunft vorbereiten hilft. Erst in diesem praktischen Berufe liegt die höchste Würde aller Dichtungen, der epischen, nebst Roman und Novelle, der lyrischen und der dramatischen. Der Bund zwischen Kunst und Leben hat dieselbe Bedeutung, wie der zwischen Wissenschaft und Leben. Sind beide von einander abgerissen, so kann man sicher sein, daß mehr gekünstelt und gereimt als geschaffen und gefördert wird. Die edelste Kunst, die mächtigste Poesie ist die, welche sich im Dienst der Wahrheit und Gerechtigkeit weiß. Darum ist jeder wirkliche Dichter auch ein Charakter; er begnügt sich nicht, schöne Sachen zu verfassen, sondern, was er singt, das lebt er auch. In seinem Gedichte ist mehr als Kopferfindung, es wallt darin das Feuer der Herzensbegeisterung. Der ächte Dichter ist undenkbar ohne Ergriffenheit von der Geschichte der Gegenwart mit allen ihren Bewegungen, Kämpfen und Stürmen.

 

Was wollen nun die ästetischen Puritaner? Ist der Dichter etwa zu gut für die Höchsten Angelegenheiten seiner Mitmenschen, verunreinigt, entweiht er sich, wenn er den schönsten Beruf erfüllt, der ihm zu Gebote steht? Die Einwendungen jener Kunstrichter sind von der seltsamsten Art. Sie vermissen z. B. die Naivetät; der politische Dichter ist ihnen nicht harmlos genug. Sollte aber die

 

 

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kindliche Einfalt und die träumende Unschuld wirklich des Dichters Aufgabe sein? Im Kindesalter der Völker mag es sich mit Recht so verhalten. Sogenannte wilde und halbcivilisirte Völker haben allerliebste Volkslieder, welche sehr naiv, zum Erstaunen naiv sind. Wer nichts als Naivetät will, wird sich da zu Hause fühlen. Wie soll aber bei Völkern, welche längst keine Naturvölker mehr sind, welche eine Geschichte haben, der Ernst und die Tiefe des Lebens ohne Gedanken, ohne Philosophie gedacht werden? Das erfülltere Dasein der Europäer, und namentlich der drei Vordervölker, geht aus von absichtlichem, besonnenen Durchdenken der Dinge, und führt hin auf dasselbige.

 

Wenn aber ein Aesthetiker den politischen Dichter durchaus nicht ohne Naivetät gelten lassen will, so kann der letztere auch diesen Anspruch noch befriedigen. Die Naivetät besitzt der politische Dichter ebenfalls, so gut wie die Dichter der Natur und des Privatlebens; nur ist seine Naivetät eine veredelte, vergeistigte. Wenn der politische Dichter ist, was er sein soll, nämlich eine Charaktergestalt, so frage ich: ist das offene, rücksichtslose, ritterliche Sprechen und Handeln für die eigene Ueberzeugung und für die Lebensgedanken der Zeit keine Naivetät? kommt es nicht mit ursprünglicher Frische und Kraft aus der Seele? Ist nicht das Verdienst der politischen Dichtung ein doppeltes, da sie die Kälte und Strenge des Denkens überwunden und dieselbe mitten in die Wärme und den Schwung der Einbildungskraft hineingenommen hat? In der politischen Dichtung, sobald sie überhaupt diesen Namen verdient, ist beides vereinigt: Natürlichkeit und Geistigkeit, Gefühlsnaivetät uud Gedankenschärfe, jugendliche Unbefangenheit und männliche Reife.

 

 

 

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Diejenigen Kunstrichter, welche der heutigen politischen Poesie nicht gewogen sind, machen sich eines auffallenden Widerspruches mit sich selbst schuldig, indem sie die politischen Dichter früherer Zeiten als wohlberechtigt anerkennen. Oder waren es etwa keine politischen Lieder, die Gesänge, welche Gleim, Rückert, Arndt, Körner, Schenkendorf u. a. in‘s Volk schleuderten? Es liegt in in der Natur der Sache, daß die Vaterlandsliebe und Freiheitsbegeisterung sich auch in Liedern ausspricht und ausstürmt. Das politische Lied spricht jedesmal den Inhalt seiner Zeit aus. Auch heute findet es seinen Stoff in demjenigen, was heute die Gemüther bewegt. Auch in unsern Tagen ist die Vermählung der Dichtkunst mit den geschichtlichen Gedanken vollzogen worden.

 

So wird es auch künftig sein, in jeder zeugungsfähigen Zeit. Politische Lieder sind der beste volksthümliche Ausdruck der herrschenden Gefühle und Gedanken über Staat und Gesellschaft. Ein gutes politisches Lied wirkt mit größerer Macht, als ein Handbuch der Staatswissenschaften, namentlich in einer Nation, deren politische Bildung noch sehr mangelhaft ist. Bei ihr werden viele andere Hülfsmittel durch politische Liederbücher ersetzt, welche gerade bei den in politischer Hinsicht am meisten verwahrlosten Klassen der Gesellschaft, den unteren und mittleren, das dankbarste Publikum finden. Daß insbesondere auch die Frauen, selbst in den höheren Klassen, einen für das politische Lied empfänglichen Sinn beweisen, ist eine Bürgschaft für das tiefere Wurzelschlagen der Fortschrittsbestrebungen. Geist und Gemüth der Frauen giebt sich gern dem Edlen und Großen hin; und eine Sache, welcher sie ihre lebhafte Theilnahme schenken, ruht auf dem sichersten

 

 

 

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Grunde und hat die besten Aussichten zu siegen. Weibliche Großherzigkeil ist die Pflanzschule für tüchtige Männer. Ohne Spartanerinnen wären die Spartaner nicht halb so tapfer und aufopferungsfähig gewesen. Sehr richtig spricht sich Victor Cousin dahin aus: „Wenn ein Zeitalter eine geistige Höhe erreicht hat, so dringt der herrschende Geist überall ein, von den Männern gelangt er endlich auch bis zu den Frauen, und sind diese erst davon berührt, so spiegelt er sich auf‘s mächtigste in ihnen ab; ihre lebhafte Natur ist vortrefflich geeignet, die Eigenthümlichkeiten der Moderichtung auszudrücken und zu verbreiten, sie sind großartig oder kleinlich, tugendhaft oder verderbt, aber sie sind keines halb, sondern immer zum Aeußersten im Guten wie im Bösen geneigt, je nachdem der Wind weht“. Wenden wir dies auf die Gegenwart an, so darf man zuversichtlich hoffen, daß auch Deutschlands Frauen die ihnen zu Gebote stehenden reichen Mittel für die Erwirkung einer schöneren Zukunft des großen Vaterlandes anwenden werden. Denn wenigstens sind ja die Knaben und Jünglinge von heute die Söhne der deutschen Frauen, und was noch mehr ist, die Mädchen und Jungfrauen sind ihre Töchter. Wie diese Kinder gerathen, so wird die Zukunft gerathen.

 

Für die Gestaltung der Geschichte sind die Fibeln und Lesebücher der Jugend von unbestreitbarer Wichtigkeit. Eine ähnliche besitzen auch — die politischen Lieder, und zwar je nach ihrer Angemessenheit für verschiedene Altersstufen. —-

 

Das politische Lied der neueren Zeit hat sich wie ein Eroberer Bahn gebrochen. Es ist unvertilgbar. Alle seine verschiedenen Gegner können ihm nichts anhaben. Nach allen Seiten ist es gewappnet. Außer seiner großen

 

 

 

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Aufgabe behält es auch noch Zeit, nebenher seine ästhetischen Widersacher mit seinen Versen umzurennen.

 

Als Probe, wie das politische Lied nicht bloß für die Ideen, von welchen es begeistert ist, sondern auch für sein eigenes Dasein und sein gutes Recht kämpft, möge hier das folgende uns von Hoffmann von Fallersleben mitgetheilte Gedicht einen Platz finden.

 

'Morgen, Herr Vischer!

 

„Die Reflexion macht ein naives Produziren in neuester Zeit unmöglich, - - es ist jetzt in Allem ein Haar.“

Fr. Vischer.

 

Mel. Prinz Eugen der edle Ritter.

 

Wenn der Frühling kommt hernieder,
Singen Vögel hin und wieder
Ihre süßen Melodein.
Frösch’ und Unken dann erwachen,
Kommen schnell aus ihren Lachen,
Schrei’n und plärren mit darein.

 

Als wir von dem Frühling sangen,
Der in Deutschland angefangen,
Stimmte gleich das Voll mit ein.
Schriftgelehrte Frösch’ und Unken
Kamen hinterdrein gehunken,

Wollten gern uns überschrei‘n.

 

Und sie schrie’n und plärrten gräulich,
Unser Sang sei ganz abscheulich,
Und in jedem sei ein Haar,
Alles sei nur ein Negieren,
Und naives Produzieren
Sei unmöglich immerdar.

 

 

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Sperrt nur immer auf den Rachen,
Ihr in euren trüben Lachen,
Euer Schreien stört uns nie.
Was wir singen, was wir sangen,
Was wir wünschen und verlangen,
Ist und bleibt doch Poesie.

 

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Quelle:

Berliner Blätter. Von Karl Nauwerck. Berlin. Verlag von Julius Springer. Juni 1844 S. 3 – 13

 

Das Lied „Morgen, Herr Vischer!“ ist dem „Maitrank“ entnommen. (Neue Lieder von Hoffmann von Fallersleben).

 

 

Weitere Informationen zu Hoffmann von Fallersleben:

 

Hoffmann-von-Fallersleben-Museum

Schloss Fallersleben

Schloßplatz 6

38442 Wolfsburg

 

https://www.wolfsburg.de/hoffmann-von-fallersleben-museum

 

 

Ferdinand Freiligrath an Hoffmann von Fallersleben:

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110 Ein Glaubensbekenntniß.

 

 

An Hoffmann von Fallersleben.

 

Jezo, wo die Nachtigall

Schlägt mit mächt'gen Schlägen;

Wo der Rhein mit vollerm Schall

Braus't auf seinen Wegen;

Wo die Dämpfer wieder ziehn;

Wo die grünen Reben,

Wo die Blumen wieder blühn: --

Jetzt auf einmal eben

 

Denk! ich wieder, wie im Traum,

Jener Nacht im Riesen, *

Wo wir den Champagnerschaum

Von den Gläsern bliesen;

Wo wir leerten Glas auf Glas,

Bis ich Alles wußte,

Bis ich deinen ganzen Haß

Schweigend ehren mußte.

 

Düster mit verkohltem Docht

Flackerten die Kerzen;

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* Zu Coblenz, vom 16. auf den 17. August 1843.

 

 

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111 Ein Glaubensbekenntniß.

 

Düster und von Zorn durchpocht,

Brannten unsre Herzen;

Dennoch oft, gleichwie ein Blitz,

Finstrer Wolk' entquollen,

Brach ein Lachen, brach ein Witz

Hell durch unser Grollen.

 

Also ward es rasch zwei Uhr!

Trocken die Pokale,

Und der jüngste Kellner nur

Harrte noch im Saale!

Schnarchend lag der kleine Mann

In des Sessels Hafen,

Und wir sagten: „Der Géant,

Wahrlich, ist entschlafen!“

 

Endlich stand der Junge wach,

Nahm das Licht verdrossen;

Wirr aus seinem Schlafgemach

Kam ein Lord geschossen;

Du doch stiegst die Trepp' hinauf,

Derb und nagelschuhig;

Schriebst noch in mein Stammbuch drauf:

Cobelenz ist ruhig!“ --

 

Wieder hat seit jener Nacht

Herbes dich betroffen!

Strom und Frühling sind erwacht --

Hoffmann, wolle hoffen!

Hoff' und laß der Marken Sand!

Mach' dich auf die Beine!

Deutscher Männer deutsche Hand

Wartet dein am Rheine!

 

 

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112 Ein Glaubensbekenntniß.

 

Was, ob die gelehrte Spree

Feig sich von dir wandte:

In die Rheinfluth senk' dein Weh' --

Sie nicht bannt Verbannte!

Neue Freunde warten dein

An der rebumwallten --

Auf drum, und vergiß am Rhein,

Schnödigkeit der alten!

 

Drum, wo mit der Rede Stahl

Baden's Männer streiten;

Drum auch, wo im Wiesenthal

Lieder dich umläuten;

Wo die Düssel fluthet hell

Und in Dresel's Keller

Schlag' ein Schnippchen dem Gebell

Deiner Widerbeller!

 

Ich auch, der ich jene Nacht

Finster mit dir zechte,

Ich auch, eben vor der Schlacht,

Biete dir die Rechte!

Ja, auch ich steh' kampfbereit,

Gleich sind unsre Zeichen: --

Mit Bewußtsein wag' ich's heut,

Dir die Hand zu reichen!

 

Herz'ger noch, als dazumal,

Wag' ich's, einzuschlagen:

Schiefer Stellung volle Qual

Mußt' ich damals tragen!

 index.php/Wolfsburg.html

 

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113 Ein Glaubensbekenntniß.

 

Noch nicht recht aus ganzem Holz

Schien auch dir mein Leben --

Drum auch war ich noch zu stolz,

Mich dir ganz zu geben!

 

Alles das ist nun vorbei!

Frei ward Lipp' und Zunge,

Frei das Auge mir, und frei

Dehnt sich Herz und Lunge!

Vom Gedanken bis zur That

Schlug ich dreist die Brücke;

Hüben steh' ich, und kein Pfad

Führt mich je zurücke!

 

Vorwärts denn -- bis über's Grab!

Vorwärts -- ohne Wanken!

Jede Rücksicht werf' ich ab,

Satt hinfort der Schranken!

Nur das Kühnste bind' ich an

Meinen Simsonsfüchsen --

Mit Kanonen auf den Plan,

Nicht mit Schlüsselbüchsen!

 

Sieh', so biet' ich dir die Hand,

Einer auch von Denen,

Die sich an des Rheines Strand

Dir entgegensehnen!

Die in's dornige Exil

Gern dir Rosen flöchten,

Gern ein friedlich Rheinasyl

Dir bereiten möchten!

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Freiligrath, gesammelte Dichtungen. III.

 

 

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114 Ein Glaubensbekenntniß.

 

Komm darum und glaub' an mich --

Aber komm in Eile!

Komm, so lang ich festiglich

Noch am Rheinstrom weile!

Eh' ich selber meinen Herd

Seh' zum Teufel stieben;

Eh' der eignen Lieder Schwert

Westwärts mich getrieben!

 

Horch, o horch, die Nachtigall

Schlägt mit mächt'gen Schlägen,

Und der Rhein mit vollerm Schall

Braus't auf seinen Wegen!

Alles keimt und Alles gährt,

Alles windet Kränze: --

Auch den herbsten Kelch geleert

Auf der Zukunft Lenze!

 

Asmannshausen, Mai 1844.

 

 

 

Quelle:

Ferdinand Freiligrath's gesammelte Dichtungen. Dritter Band. Stuttgart. G. J. Göschen'sche Verlagsbuchhandlung 1870. S. 110-114.

 

Das Buch wurde als Online-Ausgabe durch die Universitätsbibliothek Paderborn 2015 verfügbar gemacht. (URN: urn:nbn:de:hbz:466:1-31722)

Link: https://digital.ib.uni-paderborn.de/ihd/content/zoom/1415225

 

 

 

Ferdinand Freiligrath: Von unten auf


124 Ça ira.

 

 

 

Von unten auf!

 

Ein Dämpfer kam von Biberich: -- stolz war die Furche, die er zog!

Er qualmt' und räderte zu Thal, daß rechts und links die Brandung flog!

 

 

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125 Ça ira.

 

Von Wimpeln und von Flaggen voll, schoß er hinab keck und erfreut:

Den König, der in Preußen herrscht, nach seiner Rheinburg trug er heut!

 

Die Sonne schien wie lauter Gold! Auftauchte schimmernd Stadt um Stadt!

Der Rhein war wie ein Spiegel schier, und das Verdeck war blank und glatt!

Die Dielen blitzten frisch gebohnt, und auf den schmalen her und hin

Vergnügten Auges wandelten der König und die Königin!

 

Nach allen Seiten schaut' umher und winkte das erhabne Paar;

Des Rheingau's Reben grüßten sie und auch dein Nußlaub, Sankt Goar!

Sie sahn zu Rhein, sie sahn zu Berg: -- wie war das Schifflein doch so nett!

Es ging sich auf den Dielen fast, als wie auf Sanssouci's Parket!

 

Doch unter all der Nettigkeit und unter all der schwimmenden Pracht,

Da frißt und flammt das Element, das sie von dannen schießen macht;

Da schafft in Ruß und Feuersgluth, der dieses Glanzes Seele ist;

Da steht und schürt und ordnet er -- der Proletarier-Maschinist!

 

Da draußen lacht und grünt die Welt, da draußen blitzt und rauscht der Rhein --

Er stiert den lieben langen Tag in seine Flammen nur hinein!

Im wollnen Hemde, halbernackt, vor seiner Esse muß er steh'n,

Derweil ein König über ihm einschlürft der Berge freies Wehn!

 

 

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126 Ça ira.

 

Jetzt ist der Ofen zugekeilt, und Alles geht und Alles paßt;

So gönnt er auf Minuten denn sich eine kurze Sklavenrast.

Mit halbem Leibe taucht er auf aus seinem lodernden Versteck;

In seiner Fallthür steht er da, und überschaut sich das Verdeck.

 

Das glüh'nde Eisen in der Hand, Antlitz und Arme roth erhitzt,

Mit der gewölbten haar'gen Brust auf das Geländer breit gestützt --

So läßt er schweifen seinen Blik, so murrt er leis dem Fürsten zu:

Wie mahnt dies Boot mich an den Staat! Licht auf den Höhen wandelst Du!

 

Tief unten aber, in der Nacht und in der Arbeit dunkelm Schoos,

Tief unten, von der Noth gespornt, da schür' und schmied' ich mir mein Loos!

Nicht meines nur, auch Deines, Herr! Wer hält die Räder Dir im Takt,

Wenn nicht mit schwielenharter Faust der Heizer seine Eisen packt?

 

Du bist viel weniger ein Zeus, als ich, o König, ein Titan!

Beherrsch' ich nicht, auf dem Du gehst, den allzeit kochenden Vulkan?

Es liegt an mir: -- Ein Ruck von mir, Ein Schlag von mir zu dieser Frist,

Und siehe, das Gebäude stürzt, von welchem Du die Spitze bist!

 

Der Boden birst, aufschlägt die Gluth und sprengt Dich krachend in die Luft!

Wir aber steigen feuerfest aufwärts an's Licht aus unsrer Gruft!

 

 

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127 Ça ira.

 

Wir sind die Kraft! Wir hämmern jung das alte morsche Ding, den Staat,

Die wir von Gottes Zorne sind bis jetzt das Proletariat!

 

Dann schreit' ich jauchzend durch die Welt! Auf meinen Schultern, stark und breit,

Ein neuer Sankt Christophorus, trag' ich den Christ der neuen Zeit!

Ich bin der Riese, der nicht wankt! Ich bin's, durch den zum Siegesfest

Ueber den tosenden Strom der Zeit der Heiland Geist sich tragen läßt!“

 

So hat in seinen krausen Bart der grollende Cyklop gemurrt;

Dann geht er wieder an sein Werk, nimmt sein Geschirr, und stocht und purrt.

Die Hebel knirschen auf und ab, die Flamme strahlt ihm in's Gesicht,

Der Dampf rumort; -- er aber sagt: „Heut, zornig Element noch nicht!“

 

Der bunte Dämpfer unterdeß legt vor Kapellen zischend an;

Sechsspännig fährt die Majestät den jungen Stolzenfels hinan.

Der Heizer auch blickt auf zur Burg; von seinen Flammen nur behorcht,

Lacht er: „Ei, wie man immer doch für künftige Ruinen sorgt!"

 

 

 

Quelle:

Ferdinand Freiligrath's gesammelte Dichtungen. Dritter Band. Stuttgart. G. J. Göschen'sche Verlagsbuchhandlung 1870. S. 124-127.

 

Das Buch wurde als Online-Ausgabe durch die Universitätsbibliothek Paderborn 2015 verfügbar gemacht. (URN: urn:nbn:de:hbz:466:1-31722)

Link: https://digital.ib.uni-paderborn.de/ihd/content/zoom/1415225

 

 

 

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Was ist Wahrheit?

 

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Das Menschengeschlecht hat niemals aufgehört, nach Wahrheit zu streben, mit mehr oder weniger Eifer, Kraft und Glück. Die Ergebnisse der Forschung über die höchsten Angelegenheiten. traten in zwei Hauptformen auf, als Glaube und als Wissenschaft. Religionen und Philosophien haben sich erhoben und sind gefallen. Und immerfort bleibt die Frage am Leben: Was ist Wahrheit? Der Tod dieser Frage wäre auch der Tod des Menschengeschlechts. Das unausgesetzte Fortstreben ist der eigentliche Kern der menschlichen Natur; ohne Bewegung kein Leben, keine Wahrheit.

 

Die Wahrheit ist demnach nichts ein für allemal Fertiges und Abgeschlossenes. Sie ist einer fortgehenden Vergrößerung und Erweiterung fähig; sie ist in stätiger Entwickelungsarbeit.

 

Diese Entwickelung geschieht nicht in der Luft sondern, in den Köpfen der Menschen. Deßwegen ist die Wahrheit,

 

 

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von welcher Menschen zu Menschen sprechen können, eine menschliche. Allerdings ist vieles von jeher göttliche Wahrheit genannt worden; aber alles dahin Gehörige ist bis jetzt bloß durch Menschen in menschlicher Rede mitgetheilt worden.

 

Geht nun Wahrheit von allen Köpfen aus? Oder haben einige Köpfe das Vorrecht, untrügliche Wahrheitsspender zu sein?

 

Der Widerstreit der Antworten auf diese Frage hat einen wesentlichen Theil des Inhalts der Weltgeschichte gebildet. Die junge Wahrhelt mußte beständlg mit der alten kämpfen, ehe sie Wurzel fassen konnte. Daher die verheerenden Kriege, welche jedes neue Wachsthum des Menschengeschlechts begleiteten. Daher die Erschütterungen in Folge jedes neuen Kulturgedankens.

 

Es kann nun wohl kaum zweifelhaft sein, daß mit wachsender Gesittung auf den Bahnen der allgemeinen Menschheits- und der besonderen Völkerentwickelung weniger Trümmer und Elend sich häufen werden. Indessen so lange wird es damit ziemlich beim Alten bleiben, als keine nähere Verständigung über die Quellen und Bildungsweisen der Wahrheit sich unter den Menschen befestigt hat. Noch heut zu Tage ist die Wahrheit, daß die Wahrheit ein Recht auf Freiheit habe, nicht zur unbedingten Herrschaft gelangt.

 

Dieser Gegenstand ist für Jedermann von erster, ursprünglicher Bedeutsamkeit. So lange die Wahrheit nicht frei ist, wird auch die Freiheit nicht wahr sein.

 

 

 

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In Worten und auf dem Papiere wird dieser Salz viel weniger bestritten, als in der Anwendung und im Leben. Bleiben wir noch bei der Theorie stehen.

 

Alle wollen oder müssen wollen, daß die Wahrheit klar und offenbar werde. Ehrlicher Weise müßten deßhalb alle auch wollen, daß sie frei sei.

 

Am schwersten wird die Wahrheit geboren bei Zwang, am leichtesten bei Freiheit. Die lauterste und verbürgteste Wahrheit ist die, welche von selbst zur Welt kommt; das als Wahrheit Anbefohlene hat keinen Anspruch auf Gültigkeit und Dauer.

 

Es giebt keine Macht auf der Erde, welche untrüglich wäre. Keine ist deßhalb befugt zu fordern, daß man ihr ohne weiteres glaube, wenn sie sagt: Jenes ist wahr und dieses ist falsch. Ist es demnach mit der Achtung vor der Wahrheit vereinbar, daß irgend eine Macht jene Ansicht erlaubt und diese verbietet?

 

Machtsprüche auf dem Gebiete des Geistes werden immer Papstthum sein, möge es von geistlichen oder weltlichen Behörden ausgeübt werden. Das Wesen des Katholicismus ist Unfreiheit und Bevormundung durch Autoritäten. Aber auch der Protestantismus ist mit diesem Wesen behaftet, so lange er einen Theil desselben Grundsatzes befolgt.

 

 

 

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Auf keinem Wege mehr, als auf diesem, ist die Entstehung und Ausbildung der Wahrheit erschwert. Hier muß man mit Rahel sagen: „Es ist nicht allein sehr schwer, die Wahrheit hier in der Welt zu finden; sondern man muß sie auch noch verläugnen!“

 

Das Verläugnen, Verkürzen oder Flüstern der Wahrheit ist trotz der gewaltigsten weltgeschichtlichen Erfahrungen noch in manchem Lande gesetzlich geboten. Die Censur ist die vornehmste der Anstalten, welche das Emporkommen der Wahrheit schwierig und ihr das Leben sauer machen. Sollte nicht jeder Unbefangene gegen diese Anstalt schon darum begründete Einwendungen machen, weil es der lasterhafteste, verbrecherischste aller Päpste, Alexander VI., war, welcher die Büchercensur anordnete? —-

 

Doch über das Theoretische der Sache ist die Abweichung der Meinungen bei weitem nicht so groß, wie über das Praktische. Vieles steht als Wahrheit bei Allen oder den Meisten fest, was doch wieder geläugnet wird, sobald es sich um Anwendung und Verwirklichung dieser Wahrheit handelt. Dann will man nicht gern daran. Wohl gerade einer, der die schönsten Redensarten von der Wahrheit machen kann, der von Liebe und Hochachtung für sie überströmt, mag am wenigsten bereit sein, Ernst daraus zu machen. Eben so ist es mit dem Worte: Freiheit, welches auch fast alle Parteien im Munde führen. Wird die Durchdringung bestimmter Lebensverhältnisse mit der Freiheit verlangt, so weisen sich die Wortemacher als die heftigsten Widersacher aus.

 

 

 

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Gewöhnlich nehmen sie die Ausflucht, die wahre Freiheit sei etwas ganz anderes als — die Freiheit.

 

Wie sich nun die Freiheit und die Wahrheit im Leben durchsetze, ist ein Gegenstand, auf welchen wir hier nicht weiter eingehen wollen.

 

Beschränken wir uns wieder auf die Wahrheit, insoweit sie gesprochen und gehört wird. Was ihr zukomme, hat Tacitus in sein großes Wort niedergelegt: „Glücklich die Zeiten, in welchen man denken kann, was man will, und sagen, was man denkt.“

 

Hierin ist die allerwichtigste Wahrheit für die Gesellschaft zusammengefaßt. Sie betrifft das Erste und Nothwendigste für jedes wirklich menschliche Staatsleben, nämlich die Freiheit des Wortes. Ohne dieselbe ist die Verständigung unter den Menschen gestört, ihre gemeinschaftliche Entwickelungsarbeit gelähmt. Die Freiheit des Wortes ist für das öffentliche Leben dasselbe, was dies Luft zum Athmen; wo sie fehlt, da herrscht der Stickstoff vor.

 

Unverkennbar ist es, daß der geschichtliche Prozeß aus seiner wahren Natur herausgerissen wird, wenn man ihn durch fremdartige Mittel zu lenken und zu beherrschen sucht. Und ein solches Mittel ist die polizeiliche Ueberwachung und Einschränkung der Geister. Sie trachtet gleichsam die geistigen Planeten von ihren wirklichen Bahnen abzulenken. Dadurch entsteht dann eine Krankheit der geschichtlichen Entwickelung. Alle Menschen aber und

 

 

 

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alle Völker sind nicht dazu bestimmt, daß sie regelmäßiger Weise krank, sondern daß sie gesund seien. Deßhalb muß die Wahrheit ein Recht auf sich selbst, auf ihr eigenes öffentliches Hervortreten haben, sie muß sich vollständig offenbaren.

 

Freilich, was Wahrheit sei, läßt sich nicht in jedem beliebigen Augenblicke aufzeigen, wie ein Naturkörper; aber gerade darum, weil kein einzelner Mensch berechtigt ist, Papst zu spielen, muß freie öffentliche Entfaltung da sein, damit man wisse, was Wahrheit ist, sowohl Wahrheit im Allgemeinen, als auch die Wahrheit von heute und die von morgen. Zu diesem Behufe hat auch der Irrthum und selbst die Lüge ein Recht auf Oeffentlichkeitz; denn bevor man beide in ihrer eigentlichen Natur erkennt, müssen sie erst zu Worte kommen. Und die Oeffentlichkeit ist das beste Gericht, das Geschwornengericht, des Irrthums und der Lüge.

 

Kurz ausgedrückt, ist der Inhalt dieses Aufsatzes folgender: Wenn Jemand auch alle und jede Wahrheit bezweifeln wollte, müßte er doch Eine zugestehen, nämlich: die Wahrheit muß wahr sein. Dies ist sie aber bloß, wenn sie frei ist.

 

Je freier und ungehemmter der Entwickelungsgang der Gedanken und Reden, desto leichter wird die Wahrheit den Menschen zu Theil. Sie ist in jeder Zeit und jedem Volke ein Prozeß, welcher nach seinen eigenen inneren Gesetzen will vollzogen werden. So wie in der Freiheit

 

 

 

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der physischen Verrichtungen das Wesen der Gesundheit liegt, so ist die Freiheit der geistigen Verrichtungen die erste Bedingung der Wahrheit.

 

Jedermann, der Weiße wie der Schwarze, der Theolog wie der Philosoph, der Polizeibeamte wie der Schriftsteller, der Konservative wie der Radikale, der Fürst wie der Handarbeiter, —- sie alle werden, die Hand auf dem Herzen, als unbedenklich wahr den Satz anerkennen: Der Natur des Menschen, welcher etwas sagen will, ist es gemäßer zu sprechen als zu schweigen.

 

 

 

 

Quelle:

Berliner Blätter. Von Karl Nauwerck. Berlin. Verlag von Julius Springer. 1844 Ausgegeben im März. S. 3 – 9

 

 

 

 

 

 

Th. Schliephake 1843 über deutsche Geschichtsschreiber

Deutsche Geschichtschreiber.

 

I.

 

Der Bildungsgang in Deutschland. -- Poesie, Philosophie und Geschichte. -- Rotteck, Luden und Leo; die Berliner Historiker. -- Raumer's Taschenbuch. -- Populäre Wissenschaft. -- „Vehse's Vorlesungen über die Weltgeschichte.“ -- Fehler und Vorzüge dieses Buches. -- Der Enthusiasmus für nordamerikanische Freiheit und seine Irrthümer -- Europa und Amerika.

 

In dem Bildungsgange des deutschen Volkes, wie er seit etwa einem Jahrhundert sich in unserer Literatur darstellt, treten hauptsächlich drei Elemente heraus, welche wie als die Hebel der ganzen geistigen Bewegung unserer Nation anzusehen sind: die Dichtung, die Philosophie und die Geschichte. Die letztere ist es, welche vornehmlich in den neuesten Zeiten zuversichtlicher und mit dem Anspruch auf höhere Geltung in dem Reiche unserer Literatur sich angekündigt hat. Bei den Fremden stehen die Deutschen gemeinlich in dem Rufe, ein historisches Volk zu sein, und diese Ansicht ist insofern Recht, als wir es nicht lieben, in der öffentlichen und praktischen Welt, im Staat, in Sitte und Glaubensform den Zusammenhang mit dem Bestehenden und durch die Dauer Geheiligten aufzuheben, sondern es vorziehen, überall, wo es auf Neuerungen ankommt, den ersten Versuch und Anstoß Andern zu überlassen, während bei uns nur allmälig, wie ein Naturgebilde, aus dem Vorhandenen und Gewohnten ein Neues sich hervorarbeitet. Anders indeß verhalten wir uns auf dem Felde der intellectuellen Thätigkeit, dem Felde, wo wir uns am festesten angesiedelt haben. Unbesorgt schwingen wir uns da über den Boden des Bestehenden hinaus; jede Tradition, jede Autorität, alles in die Form der Zeit und Erscheinung Gebannte wird vor den Richterstuhl der Vernunftprüfung gezogen; es kostet uns keine Ueberwindung, Alles, was vor dieser Prüfung nicht besteht, von uns abzustoßen. Bei den Dingen des Geistes zählen

 

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wir die Jahre nicht; in der Vernunft selbst suchen wir unser Gesetz und unsern Gott. So hat auch die innere Bildungsgeschichte in Deutschland , so weit sie mit dem Bewußtsein der Gegenwart zusammenhängt, keineswegs mit der Historie, mit dem Rückblick in's Vergangene den Anfang gemacht. Vielmehr war es das Aufblühen der originalen Dichtung, wodurch zuerst, nach den Jahrhunderten der Spaltung und Kämpfe, das Gefühl der Einheit, einer sittlichen Nationalität bei uns erzeugt wurde. Nächst der Dichtung, die einen kurzen Vorsprung genommen hatte, ward durch die philosophische Wissenschaft der heftigste und gründlichste Umschwung bei uns hervorgerufen. Sie hat seit Kant, durch den die Philosophie in Deutschland Nationalsache wurde, die hochstrebendsten Kräfte in sich concentrirt und durch die Bewegungen, die ununterbrochen von ihr ausgingen, den ganzen Bestand unsrer frühern Existenz in seinen Fundamenten aufgerüttelt. Noch ist nicht abzusehen, welche Stöße fernerhin von dieser Seite her ausgehen werden, denn ein Ziel von allgemeiner Befriedigung und Dauer ist noch sehr fern.

 

Langsamer als Poesie und Philosophie, ist die Geschichte vorgeschritten. Das Eintreten derselben, als einer bewußten und unabhängigen Macht in unser Leben, muß als eine höchst folgenreiche Thatsache für unsere nationale Cultur im Ganzen angesehen werden. Durch die Geschichte werden die Geister, die in unsern Wissenschaftssystemen nur zu gern über Raum und Zeit hinaussteigen, in Land und Volk heimisch, der Gedanke wird aus seinen wolkigen Regionen herabgelockt, die Speculation wird durch die Wirklichkeit gezähmt und befruchtet, Philosophie und Poesie werden durch dies dritte, positivere Element gesättigt und befähigt, unter einander selbst und mit dem öffentlichen Leben einen engern Bund einzugehen.

 

Wenn wir behaupten, daß erst in den neuesten Zeiten die Geschichte dahin getrachtet habe, in ihrer Sphäre eine dominirende Stellung unter uns einzunehmen, so, soll damit den ältern Werken die Anerkennung ihres wissenschaftlichen Werthes nicht verweigert werden. Hier fragen wir nun, wann die Geschichte es unternommen hat, in die Oeffentlichkeit einzuschreiten, zu dem Volke zu reden, und die Anregungen, die aus dem Schooße der Nation selbst hervorgingen, in sich aufzunehmen? Wann hat sie aufgehört, ein ausschließliches Eigenthum der Lehrstühle und Bibliotheken zu sein,

 

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und sich stark genug gefühlt, das Interesse der Zeit zu theilen und auf sich selber hinzulenken?

 

Einen entscheidenden Einfluß hat in dieser Hinsicht das seit den französischen Kriegen erwachte Volksgefühl auf unsre geschichtliche Cultur gehabt. Wir haben wieder angefangen, uns in den Büchern der Geschichte für deutsche Ehre, Freiheit und Wohlfahrt zu begeistern, wie wir früher für den Ruhm und Glanz von Hellas und Rom empfunden hatten. Wir lesen die Annalen unseres Unglücks, unserer häuslichen Fehden, die Buße, welche die Schwäche unsrer Fürstenhäuser uns zugezogen, mit der Hoffnung und dem Entschluß, daß hinfort unserm Vaterlande ein anderes Schicksal bereitet werden solle; wir wenden uns nach den Urzeiten unseres Stammes zurück, um die Freiheiten, die dem Deutschen angeboren sind, bis in ihren Ursprung, zu verfolgen. Was anders als vaterländischer Sinn kann die Grundlage einer deutschen Geschichtscultur sein? Wenn daher auch die Arbeiten, welche der Anfangs noch unbeholfene Patriotismus gefördert hat, für den Fachgelehrten weniger bedeuten, so sind sie doch aus dem Grunde hoch anzuschlagen, weil sie eine nothwendige Vermittlung des Studiums mit dem Volksleben sind. Erst nachdem sie im Vaterlande Fuß gefaßt, kann die Geschichtschreibung mit Glück über alle Zeiten sich erstrecken, erst wenn sie sich eine Heimath geschaffen hat, wird sie das Fremde heranziehen und beleben können.

 

Für den Zweck, der Geschichte, bei dem Volke Eingang zu bereiten, haben ferner diejenigen Historiker gewirkt, deren Werke von politischen Grundsätzen und Ideen getragen werden, wofür Rotteck und das große Publikum, das er zu seiner Zeit gewann, ein schlagendes Beispiel liefern. Jede einseitige Tendenz freilich hat eine kurze Dauer und so wird Luden's biedere altdeutsche Manier, wie Leo's gewaltsames, leidenschaftliches Verfahren bald von den Leistungen Derer überflügelt, die sich, wie die Berliner Historiker, zu einem unparteiischen und mehr künstlerischen Standpunkt erheben. In unsern Tagen, seitdem der deutschthümelnde Eifer schon verraucht ist, seitdem der kosmopolitische Liberalismus durch den vaterländischen Freiheitsgedanken einen empfindlichen Stoß erlitten, hat die Geschichtschreibung durch das Ueberhandnehmen der speculativen Schulen, die immer trunkener auf der Bahn der Abstraction dahineilten, einen

 

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wohlthätigen Impuls erfahren; Der Historiker ist dadurch aufgefordert worden, alle seine Mittel aufzubieten, um den Ideengehalt, der in seinem Stoffe liegt, zur Entfaltung zu bringen, um den Vernunftforderungen entsprechen zu können, die eine intellectuell so hoch gespannte Zeit, wie die unsre, an ihn stellen muß. Seitdem die Idee der Wirklichkeit in so tieffinniger Weise von unsern Philosophen gedeutet ist, kann nur eine rationale Geschichtsbehandlung auf unsern Beifall rechnen. Seitdem die Denker es gewagt haben, durch die Philosophie der Geschichte dem Leben der Menschheit seine unwandelbaren Gesetze vorzuzeichnen und in der ganzen Geschichtsdauer eine stetige, auf und ab schreitende Entwicklung eines beseelten Organismus zu sehen, wird für uns nur derjenige Historiker auf der Höhe seiner Wissenschaft stehen, der den Sinn und die Vernunft dieser Entwickelung im Großen begreift und in der Reihenfolge aller Formen aufzudecken versteht. In sein Studium schlagen nun alle die politischen, alle die nationalen, religiösen und sittlichen Probleme ein, an deren Ergründung und thätige Lösung die heutige Welt all ihr Vermögen setzt. Es reicht hier hin diesen Zielpunkt angedeutet zu haben, durch dessen nähere Ausführung wir den Betrachtungen vorgreifen würden, welche wir in der Folge anzustellen haben.

 

Wenn wir, wie im Obigen angedeutet war, für den Geschichtskundigen einen nationalen und öffentlichen Beruf, ein Eindringen in die Gegenwart als Lebensbedingung ansehen, so fordern wir von ihm und für ihn nichts mehr, als was wir von jeder andern bedeutenden geistigen Thätigkeit auch fordern. Wir müßten an einen gänzlichen Rückgang der Bildung glauben, wenn wir uns der Besorgniß hingeben wollten, die Geschichte werde in einer Zeit, die auf die leiseste Bewegung in der Welt um uns her horcht, nicht vermögend sein, sich Gehör zu verschaffen. Der Geschichtskenner, der an den Quellen der menschlichen Dinge schöpft, kann selber einem Studium, das Schulweisheit bleibt, keinen Werth beilegen, nur im Angesichte, in der Mitte des Volkes kann er seine Aufgabe verstehen und angreifen. Freilich ist nicht zu läugnen, daß die Tagesliteratur, welche die natürliche Vermittlerin zwischen dem Gelehrten und dem großen Publikum ist, den historischen Erscheinungen bei weitem nicht die Aufmerksamkeit schenkt, die sie zu fordern berechtigt sind. Sie findet es bequemer , die Ereignisse des Tages und der Stunde von

 

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Ort zu Ort zu tragen, die Fehden des Augenblicks zu leiten und in die Breite zu ziehen, den Productionen der Belletristik, deren Lebenszeit gemeinhin knapp gemessen ist, ihren Beistand zu leihen; der Kunst, dem speculativen Wissen sogar dient sie häufiger als Dolmetscherin, als den ernsten Arbeiten des Geschichtsforschers. Scheint doch selbst eine Publication, wie das Raumersche Taschenbuch, die für die Geschichte ausschließlich bestimmt ist, den Zweck, die Lesewelt mit dem Gange der historischen Studien in Zusammenhang zu bringen, nicht zu dem ihrigen zu machen und es paßlicher zu finden, sich in Monographien, ja in Mikrographien zu ergehen, unter denen nur hie und da ein gewichtiger Stoff hervorragt, während der Rest größtentheils auf Unterhaltung oder abgerissenes specielles Lernen berechnet ist. Indessen ist gegenwärtig auch der deutsche Gelehrte in seinem Privathaushalte nicht mehr sicher. Das Publikum selbst, schon durch die gesellschaftlichen Fragen vielfach angeregt, kann auf die Länge weder mit dem flüchtigen Reiz der Imagination und eines Speculirens, das schon so leicht zu wiegen anfängt wie diese, noch selbst mit dem Gefecht um zwei oder drei politische Tagesprobleme sich begnügen. Vielleicht ist die Zeit nicht mehr fern, wo die Wirklichkeit und Wahrheit, in ihre vollen Rechte eintretend, dem Wust leichtfertiger Vergnügungs- und Belehrungslectüre den Stab bricht, wo die Wissenschaften, mit echter Humanität angethan, von Offenheit und Volkssinn belebt, dadurch am meisten zu gelten streben, daß sie Eigenthum der Meisten werden. Sehen wir doch schon mehrere in der Bildung voranschreitende Städte in diesem Sinne an's Werk gehen. Berlin, Bonn, Dresden horchen den gefälligen Vorträgen ihrer Gelehrten, und der wandernde Congreß unserer Wissenschaftsmänner wählt bald die Ufer des Rheins, bald der Donau, bald die freundlichen Städte von Sachsen, Thüringen und Schwaben zu seinem Auditorium. So fängt das gesprochene Wort an, mit dem Buchstaben zu wetteifern, und durch seine augenblickliche Wirkung der langsamern und sicherern des Studirens zur Seite zu gehen.

 

Um in die Geschichtserzählung das Interesse zu legen, wodurch sie, gleich der Dichtung, fähig wird, als Bildungselement in unsere Cultur zu dringen, wodurch sie sich selbst dem Kunstwerk nähert und ihm seinen Reiz streitig machen kann, muß sie die vollständige Umfassung,

 

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die organische Beseelung ihres Stoffes sich zur Bedingung machen. Keine starre Abscheidung der politischen, literarischen, künstlerischen und religiösen Entwickelung! Sie ertödtet den geschichtlichen Geist, wie das Messer des Zergliederers den Leib entseelt. Ein Volk, nicht anders als der Mensch, lebt immer als Ganzes, und regt sich, in jedem Moment, durch den Zusammenklang aller seiner Anlagen und Triebe. Nur aus dem Mittelpunkte des wunderbaren Gewebes, welches die Jahrtausende vor uns ausgebreitet haben, lassen sich die einzelnen Ströme, die Kräfte, wie sie ausstrahlen, wie sie auf und abtauchen in diesem großen, immer regen, athmenden Ganzen, dem Menschengeschlechte, verfolgen und überschauen. Vor Allem sei der Geschichtskünstler darauf bedacht, uns in dem innern Reiche der Gedanken und Ueberzeugungen heimisch zu machen. Denn nur der Gedanke gibt dem Factum seinen Sinn, und nur ein Volk, in dem ein großer Gedanke waltet, hat in der Weltgeschichte eine Stelle und einen Beruf. Sei nun dieser Gedanke ein religiöses Dogma, sei er eine Staatsform, sei er die edlere Frucht wissenschaftlicher Thätigkeit, er ist, da er der Zeuge der Freiheit, der Zeuge der Vernunft und des Geistes ist, überall das Herrschende und Voranleuchtende. Er überwindet die Natur und ihre Bande, er bezwingt das Land und zähmt den Himmel, ja er wählt, wandernd und erobernd, die Natur, den Boden und die Sonne, die ihm gemäß sind. Er überwindet auch den Zufall und löst die Ketten der Gewohnheit, den Druck der Alltäglichkeit, er schafft und bildet sich selber sein Loos und darin eben besteht die Geschichte der Völker und der Welt.

 

Indem wir es unternehmen, in den nachfolgenden Blättern die neuesten Arbeiten deutscher Geschichtsschreiber zu besprechen, ist unsere Wahl zuerst auf die Vorlesungen über die Weltgeschichte von-Herrn Vehse *) gefallen. Dies Werk kommt den Wünschen entgegen, die wir oben für die Verbreitung der Geschichtskenntniß, unter dem größern Publikum ausgesprochen haben. Denn Herr Vehse hat das achtungswerthe Verdienst, das seinem Werke merklich zu Gute gekommen ist, nicht blos Geschichtsschreiber , sondern zuerst Geschichtsredner gewesen zu sein. Die Vorträge, welche er dem

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*) Die Weltgeschichte aus dem Standpunkte der Cultur und der nationalen Charakteristik, 41 Vorlesungen in zwei Bänden.

 

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Druck übergeben, hatten zum Zweck, die allgemeinen Ergebnisse der heutigen Geschichtsforschung zusammenstellend , ein umfassendes und fortlaufendes Bild der vornehmlichsten Culturepochen zu geben und den Zuhörer das stetige Wachsthum, das stufenweise Gedeihen des geschichtlichen Geistes erkennen zu lassen. Von den Pforten der Weltgeschichte ausgehend, geleitet er uns durch alle Hauptepochen planmäßig bis auf den Punkt hin, wo die Geschichte jetzt steht, und deutet uns vorahnend das Ziel an, das nach seiner Meinung zunächst den modernen Völkern für ihre innere und gesellschaftlich Entwickelung vorgesteckt ist. Im Sinne dieser Aufgabe hatte der Redner sich nur mit dem allgemeinen Gange der Weltcultur zu beschäftigen, nur die Träger und Leiter der Geschichte hatte er zu schildern, von welcher Abkunft sie auch sein, auf welche Weise sie auch gehandelt haben mögen, mit dem Schwert oder mit dem Wort, mit Griffel oder Zirkel; an diese Häupter der Jahrhunderte, an diese Könige der Cultur knüpft sich die ganze Darstellung. In der That begegnen wir bei Herrn Vehse mancher gelungenen Schilderung ausgezeichneter historischer Personen; wir rechnen dahin Luther, Shakspeare, Friedrich II., Lessing u. a. m.

 

Unbedenklich können wir Herrn Vehse beistimmen, wenn er bemerkt, „nicht die Geschichte äußerer Veränderungen in Völkern und Reichen sei die wahre Weltgeschichte, sondern die Geschichte der Cultur des Menschengeschlechts sei es.“ Nur sehen wir nicht, warum wir einer blos äußerlichen Sacherzählung den Namen der politischen Geschichte beilegen sollen. Worauf gründet sich die Annahme, daß diese, die politische, „die Dinge nur,“ wie es bei Herrn Vehse heißt, „nach ihrem äußerlichen Gange und Verlaufe, nur nach ihrer Oberfläche erkläre, während die Culturgeschichte allein in die innere Werkstätte des Geistes führe.“ Jenes äußerliche, todte Aufgreifen und Zusammenreihen des Geschehenen, ohne Verständniß des Grundes und Zwecks der Erscheinung, das Angaffen der Dinge von auswärts, ist überhaupt keine Geschichte, es hat mit der politischen nichts näher zu schaffen als mit jeder andern Geschichtsgattung. Der wahrhaft politische Historiker versetzt uns vielmehr in die innersten Culturverhältnisse der Völker, er deutet uns die Ausbildung des Rechts und der Freiheit aus, er legt die gesellschaftliche Form, die Natur und Bildung des Staates vor uns auseinander, welches

 

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das großartigste Kunstwerk, das vollkommenste Bild der sittlichen Welt, die schärfste Ausprägung des Culturgeistes ist.

 

Es hängt indeß die erwähnte geringschätzige Vorstellung von der politischen Geschichte bei dem Verfasser damit zusammen, daß er in Folge einer gewissen, bei ihm vorherrschenden moralisirenden, nüchternen Bürgerlichkeit, auf die kriegerischen, eigenwilligen, staatenumwälzenden und staatenstiftenden Thaten in der Geschichte zu wenig Gewicht legt, indem er überall geneigt ist, die Höhe seiner Helden nach dem Nutzen ihrer Leistungen, nach der Tugendlichkeit ihrer Werke abzumessen. Wir halten dies für einen falschen, mindestens sehr einseitigen Gesichtspunkt. Mit Recht stellt man Gesetzgeber, Denker, Künstler und weise Regenten in den Vordergrund des Weltdramas, aber der Feldherr, der Eroberer steht hinter keinem derselben zurück. Die Bedeutung und der Rang einer historischen Person beruht überhaupt nicht sowohl auf ihrer segensreichen Wirksamkeit, als auf der Größe der Individualität. Der Kriegsfürst zeigt die Stärke des Willens, die Herrschergewalt, die ihren eigenen Maßstab hat, ihr eigenes Gesetz; ihre Güte darf nicht nach den Gütern des Friedens abgerechnet werden; denn wie der elektrische Funken eines Gewitters soll sie die trägen Massen aufschütteln und zu neuen Gestalten umschmelzen. Auf der andern Seite kann ein Erfinder, ein Entdecker, ein Rechner, Gesetzordner und Volkswirthschafter immerhin der edelste Wohlthäter des Menschengeschlechts werden, und doch um nichts minder eine vollkommen winzige Person bleiben. Nur wenige wissenschaftliche Thaten, nur wenige Entdeckungen im Reich der Natur sind Acte des Genies. Um Pulver zu bereiten, um Lettern zu schnißen, um Heil- und Nahrungsmittel zu schaffen , um Millionen Volks in Schulen und an die Arbeit zu schicken, dazu reicht ein ganz gemeines Vermögen hin, bald bloßer Instinct, bald Combinationsgabe, ein scharfer glücklicher Verstand, Fleiß und Willen, Talente, wie sie auch in China und Aegypten wuchern können. Die Größe der Person, die historische Größe, das historische Individuum, der Träger eines Volks, einer Epoche, der Held, der in sich das Ziel fühlt und es als seines will und nicht blos die Mittel dafür bereitet, ist eine durch und durch andere Natur. Das Gedächtniß der Völker hat nicht unrecht gethan, wenn es die Namen mancher Wohlthäter und Verbesserer sich hat entfallen lassen,

 

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von denen wohl nur Wenige die welthistorischen Folgen der Dinge ahneten, die sie aufbrachten und zu deren Aufkommen sie das Werkzeug abgaben. --

 

Den Grundgedanken, den Herr Vehse in seinen Vorlesungen sehr treu durchgeführt hat, können wir mit seinen eigenen Worten kurz anführen: „Der große Gang der Weltgeschichte,“ sagt er in der letzten Vorlesung, „ist der von der Natur zur Cultur, von dem Zustand der Unmündigkeit in den der Mündigkeit, von der Bevormundung im Politischen, Religiösen und Geistigen zur Freiheit und Selbständigkeit in allen diesen drei Gebieten. Die Zukunft wird doch sein, daß nach und nach alle Völker der Erde mehr oder weniger aus dem Naturstaat in den Rechts- und Humanitätsstaat übertreten, mit oder gegen den Willen der gegenwärtigen Machthaber. Das gute und sanfte Mittel zu diesem Uebertritt ist die Macht der Bildung -- -- durch die Macht der Bildung werden nicht nur Revolutionen, die innern Kriege, die gefährlichsten von allen, vermieden, sondern es wird auch eine Kraft und ein Segen dadurch gewonnen, den nichts Anderes in's Leben rufen kann. Eine gebildete, eine freie Nation erst ist eine glükliche zu nennen -- -- nur bei der Freiheit, der geistigen, religiösen und politischen Freiheit, besteht die Würde der Menschheit. -- Um die politische Freiheit zu gewinnen, verlangt man seit der englischen Revolution und Locke: Theilung der Gewalten -- um die religiöse zu sichern: To- leranz -- um die geistige aufrecht zu erhalten: Emancipation der Presse." -- Die drei Ideen nun, welche nach des Verfassers Ansicht die höchsten Güter der Menschheit ausmachen, die religiöse, politische und geistige Bildung, sind in verschiedenen Stufen in den Hauptperioden der Geschichte von den tonangebenden Völkern vertreten. „Die Juden waren im Alterthum die Repräsentanten der höchsten religiösen, die Römer die der höchsten politischen, die Griechen die der höchsten geistigen Bildung.“ Unter den Völkern der Neuzeit sind die Engländer und Amerikaner, die Franzosen und die Deutschen die Koryphäen geblieben. „Die Engländer und Amerikaner haben den höchsten Standpunkt in der politischen und demnächst der religiösen Bildung eingenommen, ihnen zunächst stehen in der religiösen die Deutschen, sie stehen in dieser Beziehung unter den Amerikanern, weil bei diesen das vollkommne System der Freiwilligkeit

 

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gilt, aber über den Engländern, vermöge ihres Princips der freien Forschung; der Glanzpunkt dieses deutschen Volkes ist aber die geistige Ausbildung geworden; ihm, dem deutschen Volke zunächst stehen hierin die Engländer und Franzosen, die es wieder an politischer übertreffen.“ Aus den angeführten Annahmen ergibt sich, wie der Verfasser geneigt sein mußte, bei den Vereinigten Staaten von Nordamerika mit Vorliebe zu verweilen, die, nach seiner Ansicht, in der politischen sowohl als in der religiösen Bildung den Vorrang behaupten. Die amerikanische Constitution, sagt er, stehe einzig in der ganzen Weltgeschichte da, ihre Principien seien die liberalsten, die jemals aufgestellt seien, eben so großartig wie die innere Politik der Amerikaner sei auch ihre äußere Politik, die religiösen Institutionen seien musterhaft; „von Amerika," bemerkt er, „wehen die Lüfte der Zukunft, sie werden auch Europa berühren, und die großen Principien, auf denen der Staat der Amerikaner gegründet ist, die religiöse und politische Freiheit, werden sich Bahn machen in die europäischen Länder."

 

Uns ist es nicht möglich, die Bewunderung, die unser Geschichtsschreiber für das nordamerikanische Wesen bekennt, zu theilen, noch in seinen Preis des Bürgerheroen Washington einzustimmen, den er ohne Scheu für den ersten, den ruhmwürdigsten Mann der modernen Welt, für den Begründer des vollkommnern Staates der Zukunft erklärt. Alle gebührende Ehre sei dem Unabhängigkeitssinn der Amerikaner gezollt! Allein in dieser nüchternen, nagelneuen Krämerrepublik, die noch weit davon ist, ihre Lehrjahre bestanden zu haben, können wir kein Muster für uns erkennen, die wir über einer großen, stilltreibenden Vergangenheit wohnend, im Genuß der Schöpfungen des Gedankens und der Kunst, im Innern eines vielgestaltigen, regsamen politischen Getriebes stehen. Die blos formale Freiheit, auf die der amerikanische Vereinstaat gebaut ist, das Recht zu schreiben, zu glauben, zu gewinnen, die friedfertige, selbstgenügsame Theilnahmlosigkeit am allgemeinen Weltgange, die charakterschwache Gleichheit, die sich in ein bequemes Fachwerk einordnet, um desto sicherer der bindenden Macht des Genius, der unterordnenden und einigenden Geltung hervorragender Individualität zu entfliehen, dies Alles kann unsern Blick nicht bestechen, unsre Hoffnungen nicht ablenken. Das System des staats- und gesetzmäßigen Egoismus,

 

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vor dem Alles ehrlich gilt, was innerhalb jener Formen und jener Gleichheit Ertrag und Vergnügen schafft, den spröden Separatismus der Transatlantiker gegenüber den andern Mitstaaten, dürfen wir eher für einen Abfall der europäischen Cultur, als für den Keim höherer künftiger Staatsentwickelung ansehen. Eine Freiheit, welche Sklaven des Geldes und Geldgenusses erzieht, mögen wir nicht empfehlen, und wollen anch nicht viel darauf bauen. Die geistige Bildung, welche Herr Vehse den Deutschen vindicirt, ist eben die höchste Freiheit, denn geistige Bildung gibt dem Individuum seine Stellung zur Welt; was Einer ist, und nicht zuerst, was Einer besitzt, bestimmt diese Stellung. Freiheit ist mehr als Form, mehr als Ungenirtheit, mehr als die trockene Möglichkeit, dies oder das zu thun, so oder so zu denken; sie ist ein Inneres und erfüllt, von innen heraus, allen Spielraum, den ihr eine Verfassung gewährt; allein diese Verfassung ist selbst noch nicht die Freiheit, sondern nur die Unterlage derselben; der freie Geist ist zugleich der thätige Geist, er wohnt, in dem vollen Wuchse des Lebens selbst. Der denkende Deutsche, der politisirende Franzose, noch in ihrem Ringen um Rechte und Gesetze begriffen, mit ihren Schmerzen und Wunden, in dem Wettstreit ihrer, eine jede nach Unbedingtheit trachtenden Gewalten, sind freiere Naturen, sie sind größer und glücklicher, als der Yankee, der, wenn er auch seinen Acker verurbart , seine Bude füllt, seine Wechsel auftreibt, sein Bethaus besucht, seine Tafel belastet und seinen Congreß beschickt, wenn er auch den ganzen Stand seiner häuslichen und republikanischen Oekonomie in Flor und unter Scheuer sieht, doch eines Zweckes entbehrt, dem er als Volksglied, als ganzer Mensch leben und mit allen seinen Reichthümern sich weihen soll. An der schönsten Bethätigung der Freiheit -- an, den freien Werken des Geistes und Gemüthes wagt er es noch nicht, Antheil zu nehmen. Noch ist er wie ein Wilder, aus dem achtzehnten Jahrhundert entsprungen. Nicht einmal die Religion gibt ihm ein höheres Gemeinschaftsprinzip; denn die Religion ist ihm ein Hausgeschäft, sie, die, wenn irgend etwas, um die Menschen ein unbedingtes, allgemeines Band zu schlingen bestimmt ist, hat bei ihm noch nicht einmal aus dem Kreis der Subjectivetät, des Beliebens heraustreten können; naturalistisch, isolirt sieht er seinem Gott gegenüber; das Gefühl der Kirche, der Gemeinde, die Alle heranzieht

 

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und über Alle, als befreiende und hebende Macht sich erstreckt, kennt er nicht, er vermißt es nicht. Wie die Zukunft für die alte und neue Welt sich wenden werde, darüber wollen wir das Wort gerne Denen überlassen, die sich darauf verstehen. Für uns wohnt noch alle jugendliche Hoffnung und Fähigkeit des Menschengeschlechts in Europa. Nur das europäische Bewußtsein ist bis jetzt ein universales geworden, nicht allein durch geistige Universalität, die Herr Vehse mit Recht als deutschen Charakter auszeichnet, sondern auch durch politische Universalität. Denn Europa, als Vertreterin der Cultur des Menschengeschlechts, ist ein System von Staaten, das seinen Blick über die ganze Erde ausdehnt, dessen Völker in engster, unabweislicher Berührung, zu steter Mitleidenschaft und Thatengemeinschaft verschlungen sind. Der Schutzgeist Europas, der über alle Länder wacht, der sie aus unsichtbarer Nähe treibt und regiert, hat ohne Unterlaß Acht, auf daß kein einzelnes der leitenden Völker selbstsüchtig in seinem Hauswesen verkomme. Ob Amerika auf den Standpunkt der europäischen Humanität eingehen wird, wollen wir weder voreilig versichern noch läugnen, einstweilen aber wollen wir sein Glück nicht überschätzen, wozu doch erst einzelne Anfänge gelegt sind. Um aber den Culturrang eines Volkes zu bestimmen, müssen wir den Punkt ins Auge fassen, ob dasselbe vorzugsweise für die Mittel und Bedingungen oder auch für die wahren und letzten Zwecke, für die freien Werke des Menschen lebt, unter denen wir Kunst und Wissenschaft zu den ersten rechnen. Denn diese sind der rechte Erweis von dem Genie eines Volkes. Alle staatlichen Institutionen erhalten ihren Werth erst durch den Gemeingeist, den man als Volksthum sich denken kann, der aber auch in weitern Kreisen als die den Egoismus und die Abtrennung brechende Kraft erscheint. Dieser Gemeingeist sieht den Staat nicht blos als eine Veranstaltung zu Nutz und Frommen des Einzelnen, sondern auch als eine höhere Einheit und herrschende Macht an, für welche der Einzelne leben soll. Von diesem Gesichtspunkte aus scheint uns der Culturgang noch immer seine Höhe in Europa zu halten, vornehmlich aber in Deutschland und Frankreich, den Ländern, wo die geistige Entwickelung am weitesten gediehen ist.

 

Th. Schliephake.

 

 

 

 

Quelle:

Th. Schliephake: Deutsche Geschichtsschreiber I. in Die Grenzboten. Zeitschrift für Politik, Literatur und Kunst Jg. 2 (1843) S. 291 – 302.

Die Zeitschrift wurde durch die Staats- und Universitätsbibliothek Bremen online verfügbar gemacht. Der Link zu dem Artikel ist:

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