Dr. jur. Carl Uhde war seit 1941 Vorsitzender der Stadtgruppe Königslutter am Elm im Reichsbund Deutscher Kleingärtner e. V. Er setzte sich bei den zuständigen Behörden auch nach Kriegsende mit klar nachvollziehbaren Argumenten für die Landbeschaffung für Kleingarten-Dauerkolonien für seine anvertrauten Vereinsmitglieder und für die vielen notleidenden Flüchtlinge ein.
Unser Heinz-Bruno Krieger beschreibt Dr. jur. Carl Uhde wie folgt:
"Dr. Jur. Carl Uhde
Eine der liebenswürdigsten Persönlichkeiten, die ich in meinem Leben kennen und schätzen gelernt habe, war der alte Dr. jur. Carl Uhde in Königslutter.
Er kam zu mir, um sich über verschiedene geschichtliche und genealogische Probleme zu unterhalten, die seine Familie, aber auch Königslutter betrafen.
Wir unterhielten uns oft und gern und kamen hierbei vom Hundertsten ins Tausendste – wie man im Volksmund zu sagen pflegt. Es war immer ein Nehmen und Geben und meine größte Freude war, wenn der alte ehrwürdige Herr seine goldene Brille abnahm, diese putzte und dann zu mir sagte, ach wissen sie, lieber Herr Krieger, sie sind der einzigste Mensch, mit dem ich mich über alle diese Dinge so eingehend unterhalten kann und der von allem – wie kein zweiter, über die Probleme bescheid weiß, die jene Menschen, zu ihrer Zeit, mit Stadt und Land verbunden hatten.
Dr. Uhde entstammte einer alten, sehr bekannten Familie, die seit Generationen dem Braunschweigischen Staate viele bedeutende Männer gestellt hat. Besonders waren es in der väterlichen Linie viele Forstleute gewesen, die sich durch ihre Eheverbindungen mit anderen Honoratiorenfamilien versippt hatten. So kam es denn, dass allein diese illustre Ahnentafel der alten Herrn uns viel Gesprächsstoff gegeben hat.
Es war auch für mich immer ein Erlebnis gewesen, wenn der alte Herr aus seiner Kindheit berichtete in der er mit seinem Oheim, dem alten Strausebach, in den Elm gewandert war und dieser dem Knaben die latainische Inschrift über dem Quellhaus des Luttersprings vorlas und erklärte. Von diesem geistlichen Herrn nun, war es nicht mehr weit auf die Besonderheiten dieser alten Lohgerberfamilie und ihre wirtschaftlichen und soziologischen Probleme zu kommen. Sie endete dann in der Schilderung des tragischen Todes der letzten dieses alten Geschlechtes in Königslutter, Alexander Stausebach, die ich dann dahingehend noch ergänzen konnte mit der Schilderung eines über neunzig jährigen Fräuleins, Frieda Paarmann, die mir die ganze traurige Geschichte mehrmals eingehend geschildert hatte.
Sehr gerne unterhalten wir uns auch über seinen Oheim Konstantin Uhde, dem bekannten Baumeister und Architekten in Braunschweig, der weit über die Grenzen seiner Heimatstadt berühmt geworden ist. Seine Familie war sonderlich geprägt durch die holländische Frau, deren liebenswürdige Schilderung dem alten Herrn noch nach vielen Jahren Freude bereitete.
Dr. Uhde war ein sehr gebildeter und liberal denkender Mann. Er war darum auch kein Parteigänger oder Sympatisant der Nationalsozialisten gewesen. Aus diesem Grunde war er auch wenige Wochen nach der Machtübernahme 1933 in den Ruhestand getreten und war dann zurück in die engere Heimat seiner Familie, hier nach Königslutter gekommen.
Wir unterhielten uns oft über seine vielseitigen Aufgaben, die er ein Menschenleben hindurch als Bürgermeister mehrerer größerer Städte versehen hatte. Dabei glaubte ich beobachten zu können, dass er, wenn auch ein großer Verehrer Bismarks, doch darüberhinaus auch objektiv dessen große Fehler erkannt hatte und diese auch stark kritisierte.
Die Kapitulation 1945 und die folgende Zeit, gaben dem bewährten Manne dann noch einmal Gelegenheit, ehrenamtlich, wenn auch nur für kurze Zeit, die Geschäfte des Stadtdirektors seiner Vaterstadt Königslutter, sowie verschiedene Pflegestellen zu versehen.
Wissen sie, lieber Herr Krieger, so sagte er oft zu mir, es ist eine große Tragik unseres Volkes, dass es einfach nicht reif genug war, den Segen der Demokratie voll zu erkennen und zu nutzen. Wenn dann einfach noch eine Weltwirtschaftskrise dazu kommt, wie wir sie 1930-33 erlebt haben, dann ist der Boden reif für eine Diktatur, die uns ja ihren Segen in dem Ausmaße hinterlassen hat, wie keine Regierung je zuvor.
Sein größter Wunsch war es gewesen, wie fast alle Uhdes, einmal den grünen Rock anzuziehen, um so die alte Familientradition weiterzuführen. Aber der Vater hatte es anders bestimmt und so wurde der junge Carl Uhde Jurist – promovierte aber mit einer Dissertation, in der er forstrechtliche Fragen behandelt hat. Diese Doktorarbeit habe ich dann später von ihm geschenkt bekommen.
Besonders erfreut war der alte Herr, als ich ihm sagte, daß seine Ahnen über die Harsleben und Kirchhoff’s hinaus, mehr denn ein halbes Jahrtausend nachweisbar hier in der kleinen Stadt am Elm ansässig gewesen seien und dieser, ihrer Heimatstadt Königslutter viele Bürgermeister, Cämmerer und Ratsherren gestellt haben. Dann sagte er oft zu mir, dass es nur zu bedauern sei, dass so wenige, ernsthaft interessierte Leute da seien, es wäre doch zu erstreben, sich öfters im Stadtkeller zusammen zu finden, um über heimatliche Probleme zu sprechen.
Aber die Lebensuhr dieses aufrechten und guten Mannes war sehr plötzlich abgelaufen. Er hat mir viele seiner Bücher vermacht, die ich in mehreren Handwagenfuhren nach Hause geholt habe. Sein Andenken aber hüte ich wie ein Geschenk, denn er war mir ein guter und lieber Freund gewesen!
RIP"
Quelle:
Stadtarchiv Königslutter
Landbeschaffung für Kleingartenkolonien in Königslutter
Im folgenden werden die Eingaben der Stadtgruppe Königslutter am Elm im Reichsbund Deutscher Kleingärtner e. V. unter Leitung von Herrn Dr. Uhde zusammengestellt:
„Stadtgruppe Königslutter am Elm Königslutter am Elm, den 19. März 1945
im Reichsbund Deutscher Kleingärtner e. V. (Braunschweig)
An den Herrn Finanzminister
B r a u n s c h w e i g
Betr.: Landbeschaffung für Kleingärtner-Dauerkolonien.
Für die Bereitstellung von Kleingartenland war nach § 9 der Verordnung zur Änderung von Vorschriften über Kleingärten vom 26. Februar 1938 ein Reichskommisssar bestellt. Dessen Befugnisse sind gemäß der Verordnung vom 22.3.1938 auf den Reichsarbeitsminister übergegangen. Dieser hat seine Befugnisse auf die Bewilligungsbehörde übertragen.
Das wäre für Braunschweig der Herr Finanzminister:
Mit obiger Regelung ist den Bewilligungsbehörden vor Allem auch die Befugnis übertragen, die Eigentümer geeigneten Landes anzuhalten, das für kleingärtnerische Zwecke benötigte Land bereitzustellen (§ 10) Land zu enteignen und Zwangspachtverträge abzuschließen (§ 13).
Letzteres ist Gegenstand auch folgenden Antrages.
Nach § 10 sollen die Eigentümer geeigneten Landes, insbesondere Körperschaften öffentlichen Rechtes (Reich, Länder, Gemeinden pp.) die geeignetes Land besitzen, angehalten werden, Land zur Verfügung zu stellen. Das Reich fördert das Kleingartenwesen durch Bereitstellung von Reichsdarlehen und durch Verzicht auf Steuern und Gebühren. Auch die übrigen öffentlichen Körperschaften sollen deshalb im Interesse der Allgemeinheit dazu beitragen, dass alle der Durchführung dieser Maßnahme entgegen stehenden Schwierigkeiten, vor allem der Landbeschaffung überwunden werden. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen deshalb: Öffentliche Körperschaften namentlich das Reich, die Länder (z. B. Forst- und Domänenfiskus) usw., die über großen Landbesitz verfügen, mit gutem Beispiel bei der Landbeschaffung voran gehen. Es ist deshalb bei Zwangspacht (K.G.O. § 5) zunächst Land der öffentlichen Körperschaften in Anspruch zu nehmen.
Da Kleingärten Pachtgärten sind, ist ein Eigentumsübergang etwa an die Gemeinden, denen die Verpachtung der Dauerkolonien zukommt nicht erforderlich. Die öffentlichen Körperschaften können, wenn ihnen dieses zweckmäßiger erscheint, Eigentümer des an die Kleingärtner zu verpachteten Geländes bleiben und werden dann, um unnötige Verwaltungsarbeit zu ersparen und eine zweckmäßige Betreuung sicherzustellen, gemeinnützige Kleingartenunternehmen als Generalpächter einschalten, als welcher ausdrücklich von der Reichsregierung der Reichsbund Deutscher Kleingärtner und zwar allein durch Erlaß des Reichsarbeitsministers vom 14.02.35 zugelassen.
2. Von der hiesigen, dem Reichsbund angehörenden Stadtgruppe, deren Leitung dem Unterzeichneten als Kriegsdienst der pensionierten Beamten übertragen ist, wird daher der Antrag auf Übertragung von 30 Morgen Land in der Ortslage „Am Rischbleek“, das nach den obengenannten gesetzlichen Bestimmungen als geeignet, (nämlich für den Anbau von Gartenfrüchten und Obst) und passend gelegen (Kinderwagenentfernung) zu bezeichnen ist (Nr. 10 der Bestimmungen über die Förderung von Kleingärten vom 22.3.38). Dieses Land war im Jahre 1941 bereits vom Landesbund Hannover vermessen, dessen Leiter eine, wenn auch nicht endgültig, doch an sich grundsätzliche Zustimmung der dortigen domänenfiskalischen Dienststelle erhalten hatte, deren Verwirklichung aber an dem Widerstand der hiesigen Heil- und Pflegeanstalt scheiterte, wie des Näheren unten noch ausgeführt wird.
Die Anwärterliste unserer Mitglieder auf Zuweisung von Kleingärten, die bis in das Jahr 1941, also über 3 bezw. 4 Jahre zurückreicht, umfaßt z. Zt. 94 Meldungen, welche nach gewissenhafter Prüfung und Siebung auf Grund der für die Eignung als Kleingärtner gegebenen gesetzlichen Bestimmungen und auch Prüfung der örtlichen Verhältnisse mit Gärten versorgt werden müssen, ein Vorhaben, das uns seit 1941 unausgesetzt beschäftigt. Es ist wohl verständlich, dass allmählich der Unwille dieser jahrelang im Wartezustand befindlichen Bewerber zu einer lebhaften Erregung sich anwächst.
3. Der letzte Anstoß zu obigem Antrag bildet ein am Montag, den 12. März zur Kenntnis der Beteiligten gelangter Umstand, nämlich: Es ist den Kleingärtnern an der Rottorfer Str. (10, wovon 5 unsere Mitglieder sind) sowie ca. 80-90 Grabelandinhabern, die ihren Kartoffelbedarf daraus decken, sämtlich Pächter der Stadt mit sofortiger Wirkung gekündigt, mit der Auflage, unverzüglich das Land zu räumen. Es soll dort aus kriegswichtigen Gründen einen Maschinenfabrik errichtet werden, die ihren früheren Sitz im Osten und zwar in Meseritz hatte.
Meine Bemühungen sowohl bei dem Landratsamt wie auch bei der Stadt eine andere Fläche für diese Zwecke zu finden, scheiterte völlig. Die Bestimmungen des Reichsleistungsgesetzes scheinen alle anderen gesetzlichen Regelungen – ob sie nun das Kleingärtnerwesen oder andere Rechtsgüter betreffen – beiseite zu schieben. Es muß deshalb auch für diese der Landnutzung verlustig gegangenen Interessenten Land beschafft werden.
Die Stadtverwaltung hat, wie sie auf ausdrückliche Anfrage (auch schon bei früheren Veranlassungen) erklärte, kein Land zur Verfügung. Also bleibt nichts übrig, als auf obigem Wege Land zu beschaffen.
Berücksichtigt man noch den Umstand, dass infolge des städtischen Baufluchtlinienplanes aus anderen Ortslagen nämlich Kuhspring, Glockenkamp, Gänsewinkel, sowie in der Kolonie Kleiberg auf Grund des Baufluchtlinienplanes eine Bauzone von 50 m vorgesehen ist, wodurch dann die dort vorhandenen Kleingärtner weichen müssen, so müßte für diese 80 Kleingärtner geeignetes Land, also 80 x 50 qm, wozu dann noch Land für Wege, Gemeinschaftshaus, Kinderspielplätze, hinzukommen (Vergl. Ziff. 8 zu § 11 der oben genannten Bestimmung), vorgesehen werden.
4. Wie ernst die Ernährungslage ist, beweist u. a. Die Tatsache, dass die bisherigen Überschußgebiete, nämlich Ostpreußen, Westpreußen, Pommern, Schlesien infolge der Feindeinwirkung ausfallen, wie solches schon vor einigen Wochen im Rundfunk mitgeteilt wurde, und weiter auch der kürzliche Aufruf des Gauleiters, der darauf hinwies, daß jedes Fleckchen Erde bestellt und ausgenutzt werden müßte. Ferner kommt hinzu, dass unsere Stadt mit Flüchtlingen stark belegt, ja man kann wohl sagen, überfüllt ist. Alle diese Heimatberaubten müssen mit ernährt werden. Die Auswirkung ist schon zum Teil erkennbar an der bei der letzten Lebensmittelkartenausgabe ersichtlichen Kürzung verschiedener Artikel.
Ferner ist auch ein Zeichen in folgender Tatsache zu erblicken: Am 23. oder 24. Februar haben Familien aus dem Rheinland (auch Flüchtlinge) bei der hiesigen Kartenausgabestelle den Antrag gestellt, sie müßten zusätzlich Brotkarten erhalten, weil sie mit der zugeteilten Brotmenge nicht auskommen und andere Lebensmittel, darunter Gemüse, Obst und dergl. nicht erhalten könnten. Wahrlich ein warnendes Zeichen für die weitere Entwicklung der Dinge. Alle diese Flüchtlinge sind mit zu ernähren. Woher soll nun das Gemüse für diese kommen? Die hier bestehenden 3 Geschäfte, welche Gemüse abgeben, reichen wohl in normalen Friedenszeiten aus. Aber bei der bekannten äußerst kritischen Transportlage, die ein Heranschaffen ganz unsicher erscheinen läßt, wird die automatische Folge sein, dass in unvorstellbarer Weise aus den Gärten gestohlen wird. Auch sind Flüchtlinge nach ihrer eigenen Angabe – auf Veranlassung der Stadtverwaltung – an mich wegen Überlassung von Gartenland herangetreten, die ich mit dem Bemerken vertrösten mußte, daß unser Reichsbund noch nicht einmal genügend Land für seine Mitglieder habe, dass alles nur mögliche geschehen würde, um solches zu beschaffen.
Die ganze allgemeine Notlage auf Grund eben geschilderter Verhältnisse drängt gebieterisch zu einer Lösung mit dem beantragten Ziel. Denn, wenn alle die, die einen Garten haben wollen, auch solche, die Nichtmitglieder des Reichsbundes sind, sich selbst versorgen können, so wird die allgemeine Versorgung wenigstens in soweit entlastet, daß eine Katastrophe mit allen ihren Begleiterscheinungen vermieden werden kann.
5. Es dürfte bekannt sein, daß ein Garten einen 2-3maligen, ja 4maligen Ertrag, dagegen die Landwirtschaft nur einen einmaligen Ertrag ermöglicht. Es dürfte daher die allgemeine Versorgung fühlbar entlastet werden, wenn möglichst viel Kleingartenbetriebe vorhanden sind, die wie die Erfahrung lehrt, eine Familie von 5 Köpfen mit Gemüse, Beerenobst und dergl. zu versorgen vermögen, wozu dann noch die Versorgung mit Frühkartoffeln hinzukam und wenn Grabeland vorhanden, auch solche mit Kartoffeln überhaupt ausreichend garantiert ist.
6. Der Domänenfiskus verfügt hier – aus dem alten Klostergut – über erheblichen Grundbesitz, wo die Heil- und Pflegeanstalt rund 500 Morgen in Betrieb hat. Diese Anstalt hat bei weitem nicht mehr den früheren Bestand von 750 Geisteskranken, denn in der Anstalt ist das Reserve-Lazarett mit etwa 800-900 Soldaten untergebracht, die von der Heeresverwaltung versorgt werden.
Also sollte es doch möglich sein, 30 Morgen abzuzweigen.
Im Jahre 1942 wurde u. a. von Seiten der Anstalt als ein wichtiger Grund gegen die beantragte Abtretung von Land das Vorhandensein von Saatzuchtversuchen angeführt, welche in 2 m Breite am Rande dieses Geländestückes ausgeführt werden sollten. Wegen dieser Saatzuchtversuche habe ich unseren Landesbundleiter aus Hannover am 20.8.43 auf das betreffende Gelände geführt. Er hat sich überzeugen können, dass hier keine Spur von derartigen Versuchen festzustellen war, nachdem ich schon vorher wiederholt durch Befragen der Anlieger und sonstiger Einwohner ermittelt habe, daß in den letzten 2 Jahren von derartigen Versuchen nichts zu bemerken gewesen sei.
Es sei an dieser Stelle hierzu angeführt, was in einer Verhandlung hier am 2. Juni 1942, an welcher teilnahmen: Der Vertreter der Landesplanungsstelle Braunschweig, der Kreisbauernführer, ein Vertreter der Landesbauernschaft, der Vertreter des Bürgermeisters, der Vertreter des Finanzministers (Landwirtschaft und Ernährung) der Vertreter der Hochbau- und Siedlungsabteilung Braunschweig usw. von dem Herrn Vertreter der Landesplanungsstelle ausgeführt wurde, nämlich: „Er könne die Bedenken der Landesbauernschaft nicht teilen, er sei auch ferner der Ansicht, daß gerade Reichssortenvorprüfversuche an einer stark beanspruchten Straße am Ungeeignetsten erscheinen, denn die Einwirkungen von Staub, Ruß und Autoauspuffgasen dürften zweifellos auch auf die Vorprüfungsversuche in irgend einer Form einwirken. Ferner sei – anschließend an das fragliche Gelände und zwar hinter dem Vorprüfungsversuchsfeld – bereits ein Kleingartengelände vorhanden, so dass schon daraus ersichtlich sei, dass man im Hinblick auf die automatische Entwicklung der Stadt an dem Vorprüfungsfelde nicht Halt machen könne.“
Nach meinen Ermittlungen ist die Hauptriebfeder gegen die an sich durchaus einwandfreie Landüberweisung in der Person des Inspektors Rossbach zu suchen, der auch nicht einen Meter Boden abtreten will, was man ja wohl von seinem Standpunkt aus verstehen könnte.
Aber hier ist der weitere und höhere Gesichtspunkt des Gemeinwohls ausschlaggebend, abgesehen von der bereits erwähnten Tatsache, dass die Heil- und Pflegeanstalt nicht mehr 750 Kranke, sondern ganz erheblich weniger Insassen hat, so daß schon aus diesem rein automatischen Grunde eine Abzweigung von genannten 30 Morgen wahrlich keine fühlbare Beeinträchtigung der Lebensinteressen der Anstalt bedeuten kann.
Ausschlaggebend ist letzten Endes der Wille des Gesetzgebers, sowie die Verfügung des Eigentümers; alles andere sind nur Scheingründe.
7. Wenn man nun mit den anderen Einwänden sich befaßt, wie z. B. man wäre grundsätzlich gegen eine Abgabe von Land, dann stehen solchem a limine eingenommen ablehnenden Standpunkt die klaren Bestimmungen des mehrfach zitierten Gesetzes entgegen, daß eben das Reich, die Länder pp. - in diesem Falle also der Domänenfiskus – anzuhalten ist, für den zwangsläufigen sich ergebenden dringlichen Bedarf Land bereit zu stellen, und zwar in unserem Falle in Gestalt eines Generalpachtvertrages.
Wenn in einer Verhandlung ein Vertreter der Landesbauernschaft erklärt hat, daß sie aus prinzipiellen Gründen kein Land zur Verfügung stellen könnten, sie lehnten grundsätzlich ab, Land für Gärten freizugeben, so muß man wohl solche Stellung als eigenartig bezeichnen, denn damit ist kundgetan, daß man bestehende gesetzliche Bestimmungen nicht anerkennt und sich weigert, sich danach zu richten.
Für alle andern Beteiligten aber sind diese Bestimmungen bindend, und es ist danach zu verfahren, was in § 10 der oben erwähnten Verordnung vom 26.2.1938 (RGBl. I Seite 233) klar ausgedrückt ist: Die Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind anzuhalten, Land zur Verfügung zu stellen.
Wenn weiter eingewandt wird, dass durch diese Kleingarten-Erzeugnisse keinerlei Marktentlastung eintrete, so wird das allenfalls für Großstädte zutreffen, keinesfalls aber für die kleinen Städte, denn es kann von einer Marktgestaltung in obigem Sinne überhaupt nicht die Rede sein.
Davon, dass der Reichsnährstand dafür sorgen müßte, erst einmal die Ernährungslage sicher zu stellen, ist hier nichts zu merken, denn wo wird in der ganzen Umgebung Gemüsebau so im Großen betrieben, daß die „Marktlage“ der kleinen Stadt überhaupt beeinflußt, geschweige denn entlastet würde! Nachdem die Vermehrung der Bevölkerung wie oben geschildert, eine Vermehrung der „hungrigen Münder“ zur Folge hatte, fehlt es eben an der automatisch sich ergebenden Produktion von Gemüse und dergl. Ganz abgesehen hiervon beweist aber die seit Jahren sich gleich bleibende Bewerberliste, dass der Bedarf an Gärten und deren Erzeugnissen immer noch nicht gedeckt ist.
Wenn schließlich der lahme Einwand erhoben wird, die hiesige Stadt sei überdurchschnittlich mit Gärten versehen, so heißt doch das nicht, daß, wenn z. B. wenigstens jede 4. städtische Familie durch einen Dauerkleingarten mit dem Boden in Verbindung gebracht ist, nunmehr müßte Schluß gemacht werden. Wobei erwähnt sein mag, dass schon verschiedene Städte in der Provinz Sachsen diese Zahl nicht allein erreicht, sondern sogar überschritten haben. Es sollte jeder Leiter eines Gemeindewesens sich freuen, wenn diese schon alte Idee (es sei an die Fuggersiedlung in Augsburg erinnert) so überaus erfolgreich sich entwickelt. Davon abgesehen weiß aber jeder Ortskundige, daß von altersher jedes Haus seinen Garten gehabt hat, daß also die Bevölkerungsvermehrung automatisch einen vermehrten Bedarf an Gärten mit sich bringt, daß es aber vor allem der ausdrückliche, mit Nachdruck betonte Wille der Reichsregierung ist, daß jede geeignete landlose Familie, wenn sie den allgemeinen gesetzlichen Erfordernissen entspricht, ihren Kleingarten haben soll, selbst wenn es sich hierbei um hochwertiges Land handeln sollte.
Dieser Wille ist in den mehrfach angeführten gesetzlichen Bestimmungen fundiert; auf letztere stützt sich in jeder Weise der Eingangs erwähnte Antrag, der hiermit nochmals präzisiert wird, nämlich in der Ortslage „Rischbleek“ 30 Morgen Land für eine Kleingartenkolonie an den Reichsbund im Wege eines Generalpachtvertrages zu den im Gesetz vorgesehenen Bestimmungen zur Verfügung zu stellen und zwar baldigst, damit nach der Einteilung der Gärten und deren Einrichtung mit der Bestellung begonnen werden kann, welches in Anbetracht der vorgeschrittenen Jahreszeit schleunigst in Angriff genommen werden muß.
. . .
gez. Dr. Uhde“
handschriftlich: W.V. 1.10.45
Quelle:
Stadtarchiv Königslutter, Nst V, 11 Nr. 21-23
Der Landrat des Kreises Helmstedt Helmstedt, den 23. Mai 1945
Nr. II/A./Schm.
An den Herrn Bürgermeister der Stadt Königslutter.
Betr.: Landbeschaffung für Kleingärten-Dauerkolonie.
Vorgang: Eingabe des Reichsbundes Deutscher Kleingärtner vom 19.3., 30.3. und 8.4.1945.
In der Anlage werden die Eingaben des Reichsbundes Deutscher Kleingärtner vom 19.3., 30.3. und 8.4.1945 überreicht mit dem ersuchen um alsbaldige Rückgabe und Stellungnahme.
Anlagen!
I.V.
__________________________________________
a I 7. Juni 1945
An den Herrn Landrat
Helmstedt
Bezug: Nr. II A./Schm. Vom 23. Mai 1945
Betr. : Landbeschaffung für Kleingärten-Dauerkolonie.
Anlagen: 4, nämlich vom 19.3., 30.3., 8.4. und 27.5.1945
1.) Die Anlage vom 8.4.45 erledigt sich dadurch, dass unter der Amtsführung des früheren Bürgermeisters der durch Todesfall des Kleingärtners Schäfer erledigte Garten, der Familie des Verstorbenen erhalten bleibt.
2.) Der Antrag an den Herrn Finanzminister wegen Landbeschaffung für eine weitere Kleingarten-Dauerkolonie sowie der inhaltlich mir diesem Antrag zusammenhängende Antrag an die Landesplanungsstelle entspricht den jahrelang schon bestehenden tatsächlichen Verhältnissen und Bedürfnissen und liegt absolut im Interesse einer gesicherten Ernährung, dass ich mich ihnen nur anschließen kann.
3.) Die Bekanntmachungen der alliierten Militärregierung, dass Deutschland inbezug auf Ernährung nur auf sich selbst gestellt ist, zwingt den Kleingartenverein vorsorglich zu dem Antrage weitere 25 Morgen Kammerland zum Anbau von Kartoffeln im Kleingartenbetriebe zuzuteilen. Wie dieses im Bericht vom 27.5.45 bereits ausgeführt ist. Zum weiteren mündlichen Vortrag stehen der Vorsitzende des Kleingartenbundes, Herr Dr. Uhde, und der Bürgermeister zur Verfügung.
Bürgermeister.
Quelle:
Stadtarchiv Königslutter
NSt V, 11 Nr. 24 und 25
Stadtgruppe Königslutter am Elm im
Reichsbund Deutscher Kleingärtner e. V.
Königslutter am Elm, den 22.Juni 1945
(Braunschweig)
An den Herrn Finanzminister in Braunschweig
Betr.: Beschaffung von Land zur Sicherstellung der Ernährung.-
In dieser Angelegenheit sind folgende Berichte dort vorgelegt:
1) Ein Bericht vom 19. März ds.Js. über Landbeschaffung für Kleingärten-Dauerkolonien.
2) Schriftsatz vom 30. März an cie Landesplanungsstelle dort, Ritterbrunnen, dessen Abschrift dem obigen Bericht später beigefügt ist.
3) Ein Schriftsatz vom 27. Mai an den Herrn Bürgermeister hier, betitelt: Beschaffung von Land zur Sicherstellung der Ernährung; letzterer beigefügt dem Bericht des Bürgermeisters an das Landratsamt Helmstedt, welches zur Aeusserung auf die Berichte zu l und 2, vom Ministerium aufgefordert war.
Es liegt begründete Veranlassung vor, wiederholt auf die Dringlichkeit dieser ganzen Frage aufmerksam zu machen, und zwar aus folgendem Grunde:
Auf dem domänenfiskalischen Gelände in der Ortslage "Rischbleek" (an der Braunschweigerstr.) hat die Heil- und Pflegeanstalt in diesem Jahre Gerste stehen, welche schon soweit gediehen ist, dass sie in nächster Zeit abgeerntet werden kann. Die landwirtschaftliche Leitung der Heil- und Pflegeanstalt wird nicht zögern, die abgeerntete Stelle umgehend wieder zu bestellen, mindestens aber sie für Bestellungsarbeiten unverzüglich wieder herzurichten. Es besteht also die Gefahr, dass die Anstalt mit dem Einwand, es sei alles schon wieder bestellt, bezw. für eine Bestellung vorbereitet, unsere Absicht zu vereiteln versucht, dieses Land für die dringend notwendigen Kleingartenzwecke vom Domänenfiskus zu erpachten. Die Erfahrung hat gelehrt, dass mit diesem Umstand unbedingt zu rechnen ist, wie solches seit 1941 in jedem Jahr leider der Fall gewesen ist. Trotzdem ich wiederholt hierauf hingewiesen und trotzdem die domänenfiskalische Abteilung im Ministerium im Jahre 1941 grundsätzlich die Verpachtung zugesagt hatte, konnten wir solche aus oben angeführten Grunde nicht erreichen.
Ich mache wiederholt auf diese Gefahr aufmerksam, verweise wiederholt auf die in den oben erwähnten Berichten ausdrücklich dargelegte Dringlichkeit und Wichtigkeit unseres Antrages (zur Sicherstellung der allgemeinen Ernährung, Land für Bestellung mit Gemüse und Kartoffeln in der Ortslage "Rischbleek", einmal 32 Morgen, gelegen zwischen der seit langem bestehenden Anlage der durch die Angestellten der Heilanstalt geschaffenen Gärten und der Braunschweigerstr., zum Anderen 25 Mrg. (wozu noch entsprecheider Grund und Boden für Wege, um innerhalb dieses Komplexes zu den einzelnen Stücken zu gelangen, hinzukäme) oberhalb dieser genannten Gärten der Stadtgruppe in Generalpacht zu geben.
Ich habe den Herrn Bürgermeister hier gebeten, der Zeitersparnis halber sich im Anschluss zu diesen Bericht zu äussern.
gez. Dr. Uhe
II Auf die Urschrift ist zuzusetzen:
Die von Herrn Dr. U h d e gemachten Angaben sind richtig. Ich schließe mich seinen Ausführungen an. Ich bin bereit, zusammen mit Herrn Dr. Uhde dem Herrn Finanzminister in Braunschweig über evtl. strittige Punkte mündliche Auskunft zu erteilen und bitte deshalb, falls erforderlich, um Mitteilung eines Termins.
II. Z.d.A.
Kgsl. 26./28. Juni 1945
Der Bürgermeister
gez. Ahrens
Quelle:
Stadtarchiv Königslutter
St. V, 122 Nr. 65
Stadtgruppe Königslutter am Elm im
Reichsbund Deutscher Kleingärtner e. V.
Königslutter am Elm, den 15.8.1945
(Braunschweig)
An den Herrn Ministerprasidenten
Braunschweig
Betr.: Beschaffung von Land zur Sicherstellung der Ernährung.
In dieser Angelegenheit wende ich mich an die höchste Stelle unserer Landesverwaltung, allein aus dem Beweggrunde, alles getan zu haben, was nur möglich ist, um das Interesse der mir anvertrauten Antragsteller, auch aus dem Gesichtspunkt des Gemeinwohls, sowie aus der Not der Zeit heraus nach allen Richtungen restlos wahrzunehmen.
Ich beziehe mich auf meine an den Herrn Finanzminister am 19. März bzw. 30. März, am 22. Juni, am 3. Juli d. Js. gerichteten Berichte, in denen Alles ausführlich enthalten ist, und darf daher nur kurz daraus folgendes hervorheben.
Es sind unter unseren 563 Mitgliedern immer noch 164, die zum grossen Teil seit 194l, zum Teil schon seit 1939 auf Zuteilung von Gärten warten. Es war bisher nicht möglich, dieses Ziel zu erreichen.
Im Jahre 194l war dem damaligen Leiter des Landesbundes Hannover bei seinen gleichgerichteten Bemühungen die grundsätzliche Zusage von der domänenfiskalischen Abteilung gemacht, in der Ortslage Rischbleek Gelände in Generalpacht zu den im Gesetz fixierten Bedingungen für unsere Stadtgruppe zu erhalten.
Daraufhin war dieses Gelände vermessen; der bzgl. Lageplan befindet sich dort gleichfalls bei den Akten. Anderes Land war und ist hier nicht zu haben, auch nicht seitens der Stadt.
Die gesetzlichen Bestimmungen, angeführt in den Berichten, u. a. RGBl.I Seite 233, Verordnung vom 26.2.1938, speziell die §§ 9, 10, 11, die noch in jeder Beziehung und im vollen Umfang gelten, wie uns u. a. auch die neue Leitung des Landesbundes Hannover nachdrücklich vor Kurzem bestätigt hat, bilden die gesetzliche Grundlage unseres Antrages. Danach soll in 1. Linie Land der Körperschaften des Öffentlichen Rechtes, also des Fiskus in Anspruch genommen werden.
Dieses war das Ziel für alle unsere seit Jahren unternommenen Bemühungen. Weshalb hatten diese nun bisher keinen Erfolg? Weil die Heil- & Pflegeanstalt, die ca. 500 Morgen domänenfiskalischen Bodens (ehemals altes Klostergut) unter der Pflege hat, angeblich hiervon keine 50 Morgen entbehren kann.
Es erhebt sich nun folgende Frage: Was ist wichtiger?
Dass das Ablieferungssoll von diesen 50 Morgen um den Ertrag diesen Landes geringer ist, gemessen am gesammten Ablieferungssoll des betr. Sammelgebietes (wobei gleich an dieses Stelle bemerkt werden soll, dass die Amstalt für ihre Insassen -die gegenüber dem früheren Bestand von ca. 750 Kranken nicht mehr die Hälfte hat-, sowie für ihre Angestellten in der Hauptsache die Lebensmittel anschafft und nicht aus den eigenen landwirtschaftlichen Erzeugnissen entnimmt).
Oder:
Dass 104 Familien, gerechnet zu dem Erfahrungssatz zu je 5 Köpfen, also rund 500 Personen mit den Erzeugnissen des Gartens, an Gemüse, Beerenobst und vor allem an Kartoffeln, letzteres in den nächsten Jahren ein, wenn nicht der Hauptfaktor der Ernährung, voll versorgt sind und somit die allgemeine Versorgung entlasten! Wozu noch folgendes zwangsläufiges Moment uns antreibt, nämlich: Nach den unzweideutigen Verlautbarungen der Militär-Regierung durch Presse und Rundfunk kann unsere Bevölkerung auf keinerlei Lebensmittelversorgung seitens der Aliierten rechnen, es müsste jedes Fleckchan Boden durch Bestellung ausgenutzt werden. Wir müssen uns mit der Tatsache abfinden, dass die bisherigen Ueberschussgebiete, nämlich Ostpreussen, Westpreussen, Pommern, Schlesien auf Jahre hinaus wegfallen.
Ich erlaube mir weiterhin darauf hinzuweisen, dass die Gartenanlage ein geschlossenes Ganzes bilden muss, geschützt durch Einzäunung (der Draht ist vorhanden), denn die Kaninchenplage hat sich in den Kriegsjahren zu einer wahren Landplage ausgewachsen, was sich an zahlreichen Fällen beweisen lässt, wozu dann noch die in letzter Zeit höchst unangenehm vermehrten Diebstähle durch "zweibeinige Kaninchen” hinzukommen, die nach Erfahrung in der Not des kommenden Winters sich ins Uferlose steigern werden. Das Land muss weiter in günstiger Entfernung (sogenannte Kinderwagenentfernung) liegen, also nicht hier ein Brocken und nicht dort ein Brocken; es muss weiter gut geeigneter Boden sein, also nicht etwa Sand- oder steiniger- oder sonst winderwertiger Boden. Nach den gesetzlichen Bestimmungen soll der Fiskus derartiges Land in Geralpacht - in unserem Falle auf 5 bzw. 3 Jahre (sonst 20 Jahre) - an ein gemeinnütziges Unternehmen, in diesem Falle durch den Landesbund Hannover der hiesigen Ortsgruppe der Kleingäriner e.V. zur Verfügung stellen.
Das ist das Ziel unserer seit Jahren unternommen, jetzt vor allem durch die Not der Zeit diktierten Bemühungen.
Zum Schluss darf noch Folgendes bemerkt werden: Im Anfang des Krieges hatte ich als pensionierter Beamter auf Grund der damaligen Bestimmungen die Leitung des Kleingärtnerbundes übernommen und muss nun die ehrenamtliche Aufgabe weiter durchführen. Ich habe nicht die geringsten persönlichen Bindungen, sondern vertrete die berechtigten Wünsche wirtschaftlich schwacher Bevölkerungskreise, die ihr Vertrauen in die uneigennützige und energische, sachliche und fachliche Förderung ihrer Interessen gesetzt haben, wobei ich mich wohl auf die nahezu zweistündigen Besprechungen am 6. d. Mts. mit den Herrn Vertretern des Domänenfiskus hier im Rathaus beziehen darf.
Sollte noch die eine oder die andere Frage nicht genügend geklärt sein, stehe ich jederzeit zur Verfügung.
Ich bitte um baldmöglichen Bescheid, damit ich die oben erwähnten Antragsteller in Kenntnis setzen kann.
gez. Dr. Uhde
Quelle:
Stadtarchiv Königslutter
St. V, 122 Nr. 60
Königslutter am Elm, den 21.8.1945 ,/
Stadtgruppe Königslutter am Elm im
Reichsbund Deutscher Kleingärtner e.V.
An den
Herrn Braunschweigischen Staatsminister
für Finanzen
Hauptabteilung Technik -
- Hochbau- und Siedlungsabteilung -
Braunschweig
Betr.: Landbeschaffung für Kleingarten - Dauerkolonien, bzw. zur Sicherstellung der Ernährung F IV 287 4/45
Gestern abend 6 1/2 Uhr erhielt ich oben bezeicheneten Schriftsatz — zur Kenntnisnahme.
Ich kann einige Stellen nicht unwidersprochen lassen.
Wenn es u. A. heisst: "Dass die Vorschriften der Kleingartenordnung und der dazu erlassenen Verordnungen und Verfügungen nur für Dauerkleingärten Geltung haben und daher auf eine zeitlich begrenzte, verhältnismässig kurzfristige Pachtung keine Anwendung finden können, insbesondere ein Zwang zur Verpachtung der Ländereien nicht ausgeübt werden kann", so muss dem entgegen gehalten werden: Die gesetzlichen Bestimmungen haben noch volle Geltung, und ich stehe mit dieser Rechtsauffassung nicht allein. Sollte die durch die Zwangslage veranlasste Beschränkung einer Pachtung auf 5 bzw. 3 Jahre als Argument dafür dienen, dass die zitierten gesetzl. Bestimmungen nicht für kurzfristige Pachtungen Anwendung finden könnten, so würde auf einen langfristigen Pachtvertrag bestanden werden müssen. Ich habe obige Beschränkung nicht einfach anerkannt, sondern habe klar zum Ausdruck gebracht, dass ich nur aus Zwang meinen Antrag modulieren müsste. Meine Rechtsauffassung ist nach wie vor die gleiche geblieben.
Wäre der Rechtsweg zur Zeit offen, so war ich nach ergebnislosem Verlauf der Verhandlungen am 6. August und in Erwartung des Eingangs der dortigen Entscheidung entschlossen, über unseren - gradezu einen Schulfall bildenden - Anspruch, welcher durchaus auf den gesetzlichen Bestimmungen basiert und durch sie in jeder Richtung gestützt wird, im Verwaltungsstreitverfahren entscheiden zu lassen.
Unabhängig von Obigem sei mir noch folgende Bemerkung gestattet: Da bis zum 18. d. Mts. kein Bescheid eingegangen war, habe ich nach längeren Ueberlegen mich entschlossen, um alle Wege beschritten zu haben, die es überhaupt nur gibt, an den Herrn Ministerpräsidenten einen gleichartigen Antrag zu stellen. Ich werde also auch den Bescheid hierüber abwarten, um dann den Antragstellern über den Ausgang meiner in ihrem Interesse unternommenen Bemühungen Bericht zu geben.
gez. Dr. Uhde
Quelle:
Stadtarchiv Königslutter
St. V, 122 Nr. 62.
A I A/Kl. 16. Oktober 1945
An den Herrn Vorsitzenden
des Braunschweigischen Staatsministeriums
Braunschweig
Denkschrift über Aufteilung staatlicher, landwirtschaftlich benutzten Grundbesitzes, Schaffung von Siedlerstellen, gartenmäßiger Anbau.
Schon jetzt zeichnet sich auch in den kleinen Städten eine Grundfrage von außerordentlicher wirtschaftlicher und politischer Bedeutung in voller Klarheit ab: die Aufgabe der Arbeitsbeschaffung der aus dem Osten freiwillig oder zwangsweise umgesiedelter Massen. Diese Frage kann m. E. nur im Zusammenhange mit der Untersuchung der allgemeinen voraussichtlichen Wirtschaftsentwicklung gelöst werden. Da aber die Befriedigung der Lebensbedürfnisse eines Volkes grundlegende politische Bedeutung hat, hängt nicht nur die wirtschaftliche, sondern auch die politische Zukunft Deutschlands von der Lösung des obigen Problems ab. Die Einstellung bestimmter Industrien, der Mangel an ausländischen Rohstoffen und die Unmöglichkeit, letztere auf dem Weltmarkt zu kaufen, wird die Arbeitslosigkeit in einen Dauerzustand verwandeln. Verschärft wird diese Notlage durch Fortfall weiterer Gebiete, die infolge ihrer dünnen Besiedlung landwirtschaftliche Überschußgebiete waren, nun aber durch die Abtrennung dem Rumpfdeutschland nicht mehr zur Verfügung stehen. So muß Restdeutschland alle Mittel anwenden und alle Wege einschlagen, die die Befriedigung der Grundbedürfnisse des Menschen sicherzustellen geeignet sind. Die Intensität unseres Ackerbaues kann nicht mehr gesteigert werden; müssen wir doch auch mit dem Fortfall des Chilesalpeters rechnen; ob Leuna noch genügend Stickstoff liefern kann, steht auch noch dahin. Nur neue Nährflächen, neue Bodenverteilung und neue Bodenbearbeitung können dauernde Rettung bringen. Trockenlegung, Meliorierung muß das versteckteste Moorloch erfassen. Ungeheure Bedeutung aber unter den heutigen und zukünftigen Verhältnissen kommt der neuen Bodenverteilung zu. B o d e n r e f o r m, wahrhaft und gründlich ohne bürokratisches Zögern angepackt, vermag Hilfe zu schaffen und politisch werbend für die Demokratie zu wirken; sie erhöht die Nahrungsmengen und nimmt die Arbeitslosen auf, nur sie schafft Arbeit und Brot.
Bereits in den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts haben unabhängig voneinander durchgeführte Untersuchungen einwandfrei nachgewiesen, dass bei gärtnerischem Anbau zwar die 4fache Arbeitsmenge benötigt wird, aber hierdurch auch die 8fache Kalorienmenge erzeugt wird, als bei landwirtschaftlichem Betriebe. Ferner zeigt jede Statistik, dass bei kleinbäuerlichen Betrieben ( - 5ha) – entgegen der landläufigen Anschauung – die Viehhaltung am stärksten ist, deren Ziffer – etwa 94 Rinder auf 100 ha – von der nächsten Gruppe (5 – 20 ha) nicht ganz, aber doch annähernd (etwa 75) erreicht wird, wogegen der großbäuerliche und noch mehr der Großgrundbesitz sowohl in der Viehhaltung wie in allen intensiven Arbeitsgängen (Hackbaufrüchten) in großem Abstand an letzter Stelle einzureihen sind. So erfordern die unbedingt notwendige Erhöhung der Nahrungsmengen und Arbeitsbeschaffung für die überschüssige Bevölkerung sowohl die Änderung der Besitzverteilung wie den Übergang zu gartenmäßigem Feldbau. Diese Schlußfolgerung ist so zwingend, dass Deutschland sich ihr auf Dauer nicht entziehen kann. Je eher ihre Durchführung in Angriff genommen wird, je eher neue Kleinbauern und Gemüsegärtner angesetzt werden, desto größer ist der Gewinn, den das deutsche Volk davonträgt, desto größer wird aber auch die Dankbarkeit der Regierung gegenüber sein, die die Deutschen auf diesen Weg geführt hat. Es ist anzunehmen, dass das Vorgehen der russischen Besatzungsbehörde bei der Landneuverteilung auf gemeinsame Richtlinien der alliierten Regierungen zurückgeht, dass also auch in unserer Zone eine Enteignung des Großgrundbesitzes erfolgen wird. Der im Lande Braunschweig zur Verfügung stehende private Großgrundbesitz ist ja verhältnismäßig gering, jedoch kann die Braunschweigische Regierung durch sofortigen Beginn der Aufteilung einer Domäne beispielhaft und richtungsweisend wirken. Besonders geeignet scheint mir die im Amtsgerichtsbezirk Königslutter gelegene Domäne Schickelsheim zu sein. Die Untragbarkeit des jetzigen Pächters, die Bodengüte, wie die Flurverteilung sprechen hierfür.
Über die Aufteilung in kleinbäuerliche Betriebe liegen seit Jahren genügend Erfahrungen vor, wenige über die zweckmäßigste Art der Durchführung gartenmäßigen Feldbaues.
Quelle:
Stadtarchiv Königslutter
NSt V, 11 Nr. 27