Die Klosterkirche zu Bursfelde

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Die Klosterkirche zu Bursfelde.

 

Eine Säulen-Pfeiler-Basilike. Vom Architecten W. Stock in Münden. (Mit Zeichnungen auf Blatt 17 und 18.)

 

Geschichtliches *).

 

Das Kloster Bursfelde liegt hart am rechten Ufer der Weser, gegen drei Stunden nördlich von der Stadt Münden in dem ehemaligen Herzoglich-Braunschweigschen Lande Calenberg‘schen Antheils. Durch seine Gründer und dessen Familie ward dieses Kloster reichlich beschenkt und stieg zu einer bedeutenden Größe. Es gehörte zum Benedictiner-Orden, welcher 1431 über 82000 Klöster (für Männliche und Weibliche) zählte, indeß durch Reichthum und Ueberfluß in Verfall gerieth und trotz vielfacher Versuche und verschärfter Ordnungsregeln nicht zur vormaligen Größe wieder erhoben werden konnte. Die allgemeinen Klagen auf dem Concile zu Costnitz 1417 und noch mehr auf dem zu Basel 1431 führten zu verschiedenen Verordnungen zur Wiederherstellung der verfallenen Benedictiner-Klöster, welche hauptsächlich durch den Abt Johannes von Münden aus der Abtei Bursfelde ins Leben gerufen wurde. Durch ihn aufgefordert traten verschiedene Klöster dieses Ordens in Deutschland zusammen und bildeten die Bursfelder Union, deren Umfang sich bald auf mehr als 130 männliche und 63 weibliche Klöster erstreckte und zwei und ein halbes Jahrhundert währte.

 

Ueber die Anlage und Stiftung dieses Klosters ist nach den Antiq. Bursfeld. von J. G. Leukfeld Folgendes bekannt. Fast zu Ende des XI. Jahrhunderts lebte Herzog Otto von Baiern, ein Graf von Northeim und Herr an der Weser, gewaltsamer Weise durch Kaiser Heinrich IV. des bairischen Herzogthums 1070 entsetzt, welches dessen Schwiegersohne dem Herzog Welf gegeben wurde; jedoch behielt er bis zu seinem Tode sein Erbland an der Weser. Sein ältester Sohn war Heinrich, Graf von Northeim, der Dicke. Dieser vermählte sich mit Gertrude, Tochter des Markgrafen Eckbert I.

 

*) Durch gefällige Mittheilung von Notizen des Herrn Archivsecretairs Dr. Grotefend vervollständigt.

Uebersicht der mittelalterlichen Baudenkmäler Niedersachsens.

 

 

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von Sachsen. Heinrich und Gertrude stifteten das Kloster Bursfelde auf dem Gute Mimende zur Ehre der Heiligen Thomas und Nicolaus.

 

Die Anlegung wird von mehreren Geschichtschreibern ins Jahr 1099 verlegt, doch wird das Kloster in verschiedenen Urkunden bereits 1093 erwähnt *). Durch Heinrich lV. wurde 1093 diesem Kloster ein Schutzbrief verliehen, wodurch ihm auch das Markt- und Münzrecht nach dem Goslarschen Fuße ertheilt wurde. Auch ist 1093 die Stiftung des Klosters durch den Erzbischof Ruthard von Mainz in Heiligenstadt auf dem Eichsfelde in Gegenwart des Bischofs Heinrich von Paderborn, Udo von Hildesheim und Hartwig von Verdun bestätigt worden, von Letzterem aber der Hauptaltar (nicht mehr vorhanden) eingeweiht.

 

Der Stifter, Graf Heinrich, starb in einer Schlacht gegen die Friesen und wurde in der Kirche zu Bursfelde begraben. Sein länglich viereckiger Sarkophag, mit Wappen verziert (XVI. Jahrhundert), befindet sich zur Zeit in der südlichen Apsis und trägt die Worte mit gothischer Minuskelschrift:

 

Anno M. C. I. IV. Idus Aprilis, sepultus est generosus comes Henricus, filius Othonis ducis, fundator hujus coenobii.

 

Durch seinen Sohn Otto, so wie durch seine Schwestern, die Kaiserin Richenza und die Gräfin Gertrude, wurde das Kloster vollendet und mit vielen Gütern beschenkt.

 

 

Kaiserin Richenza im Fürstensaal des Rathauses Lüneburg 


Der erste Abt soll Almericus gewesen sein, der eine Schule anlegte und in der Verwaltung des Klosters in jeder Weise förderlich war. Er stammte aus dem fürstlichen Stifte Corvey. Ihm folgte Heinrich l., welcher im Jahre 1115 der Einweihung des St. Aegidii Klosters in Braunschweig, das durch Graf Heinrichs Witwe, Gertrude, erbaut wurde, beiwohnte. Die folgenden Aebte: Nithard (1151), Cäsarius

 

*) Nach Kugler‘s Kunstgeschichte 1091.

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(1090), Hugo (1205 — 1224), Volcmar (1243) — (dieser erhielt 1243 vom Erzbischof Siegfried III. von Mainz das Recht sich der Inful zu bedienen) — Conrad (1249), Heinrich II., Johann I. (1269 — 1311), Heymbradus (1313) verwalteten das Kloster auf gedeihliche Weise; hingegen unter Heinrich III.·(1334) wurde der Grund zum Verfall des Klosters gelegt.

 

Nach Johannes Il. ( 1339) sind die Aebte unbekannt, jedoch steht fest, daß unter Albert von Bodenstein, welcher sein Amt 1430 aufgeben mußte; „ „die übrigen Conventualen nicht nur alle Klostergebäude eingehen lassen, sondern auch den wenigen Vorrath in demselben völlig verzehret und darauf sich anderswo hin begeben hatten, also daß in demselben nicht mehr denn eine eintzige Kuhe und Conventual-Person, welche erstere die letztere erhalten müssen, übrig blieben ist, die Klosterkirche ist auch ganz baufällig und mit Stroh zur fremden Vieh-Herberge gedecket worden, wie solches die Scribenten selbiger Zeit bezeugen.“ “

 

Um das verwüstete Kloster wieder zu heben ward von Herzog Otto Johann von Münden, bisher Abt des Klosters Clus bei Gandersheim, 1433 nach Bursfelde berufen und dieser legte den Grund zur Bursfelder Congregation, welche durch eine Bulle des Papstes Pius II. im Jahre 1461 besondere Rechte und Privilegien erhielt.

 

Unter diesem Abte ist sonach eine hauptsächliche Umgestaltung der Kirche anzunehmen, wie auch aus der nachfolgenden Beschreibung der Architectur zu schließen ist. Es folge noch schließlich die Aufzählung der letzteren Aebte von Bursfelde, durch deren Namen vielleicht an andern Orten Aufschluß über den vom Jahre 1461 mangelhaften Theil der Geschichte dieses Klosters später gegeben werden kann.

 

1455 — 1467 Johannes IV. Haghen.

1470 — 1481 Theodericus [de Homborch*)].

1488 — 1497 Johannes V. [Westphal].

1514 — 1518 Henricus lV. [Ohm].

153. . . Johannes Vl. Ursel.

[1534 — 1539 Reinerus].

1551 — 1560 Johannes VII. [Rappe].

1562 — 1579 Johannes VIII. Frencking.

1579 — 1581 Andreas Stendell.

[1582 Melchior Bodecker].

1602 — 1605 Johannes IX. [Pummius].

1612 — 1638 Matthias Dornewell.

[1639— 1680] David Denicke.

1713 Gustav Daniel Schmidt.

1752 — 1755 Philipp Conrad Hugo.

1755 — 1791 Georg Friedrich Brandes

 

*) Die eingeklammerten Zahlen und Namen beruhen nur auf der Autorität Leukfeld‘s und Letzner‘s

 

 

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1793 — 1823 Wilhelm August Rudloff.

1823 — 1827 E. A. Rumann.

1828 — 1833 G. I. Planck.

1843 — 1855 G. C. Lücke.

1856 F. A.·E. Ehrenfeuchter.

 

Architectur.

 

Die Kirche des Klosters Bursfelde ist eine Basilike mit doppelter Säulenstellung zwischen zwei PfeiIern, welche Basilikenform des ehemaligen Niedersächsischen Kreises sich hauptsächlich in der Nähe des Harzes zur Geltung gebracht hat.

 

Wir finden in dem Nachbarlande Westphalen als flachgedeckte Basiliken mit Pfeilerstellung nur die Klosterkirche zu Fischbeck bei Hameln und zu Kemnade bei Bodenwerder, oder mit Säulen, wie bei der Kirche zu Neuenherse *) — aber keine Basilike wo zwei Säulen mit Pfeilern abwechseln. Nur die Stiftskirche St. Cosmae und Damiani zu Wunstorf zeigt diese Anlage, deren Erbauung um die Mitte des XII. Jahrhunderts zu setzen ist. In Niedersachsen finden wir die Schloßkirche zu Quedlinburg **), die Klosterkirche Westergröningen bei Halberstadt, so wie vornehmlich die Michaelis- und Godehardikirche zu Hildesheim, welche zu dieser Categorie zählen. Anschließend ist die von Bursfelde nicht weit entfernt liegende Stiftskirche zu Gandersheim, jedoch in Verbindung mit dem Gewölbebau wie bei der zu Wunstorf.

 

Es sind bereits die Repräsentanten dieser Bauform, die St. Godehardi- und St. Michaelskirche ***), in dieser Zeitschrift näher besprochen, und reiht sich die vorliegende Kirche auch nur als ein geringes Glied dieser Gruppe an, so sind doch manche schätzenswerthe Eigenthümlichkeiten vorhanden. Leider ist zu bedauern, daß sich die primitive Anlage nur in den Langwänden des Chores und Langhauses erhalten hat, während alle übrigen Bestandtheile verschiedene, zum Theil sehr rohe Restaurationen zeigen, deshalb gewährt auch das Innere der Kirche allein Interesse.

 

In dem Grundrisse, welchen wir auf Blatt 18 liefern, ist durch die verschiedenen Schraffirungen in der Weise angegeben, daß die dunkelste die Anlage des romanischen Baues, während der darauf folgende Ton der Schraffirung die unter Herzog Otto im Jahre 1433 hergestellten Bautheile bezeichnet, abgesehen von einzelnen spätern wiederholten und tiefeingreifenden Umgestaltungen (1589) und Verstümmelungen, wohin namentlich die Außenwände der Seitenschiffe gehören. Wie

 

 

*) Siehe die mittelalterliche Kunst in Westphalen von W. Lübke. 1853.

**) Siehe Kugler, Handbuch der Kunstgeschichte.

***) Siehe diese Zeitschrift Jahrgang 1855. Uebersicht der mittelalterlichen Baudenkmäler Niedersachsens von C. W. Hase.

 

 

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der Grundriß zeigt, nimmt die Choranlage beinahe die Hälfte der Gebäude-Länge ein und sie ist es, welche insbesondere als Haupteigenthümlichkeit des Baues bezeichnet werden muß. Der Chor wird nämlich von den beiden Seitenschiffen durch eine acht Fuß hohe Brüstungsmauer getrennt, welche mit einer abgeschrägten Platte, analog der für Arkadengesimse bei Basiliken herrschenden Form, bekrönt, auf welcher sich niedere Arkaden - Pfeiler auf Säulen wechselnd – erheben. Zwei Thüren in dieser Brüstungsmauer stellen die Verbindung mit den Seitenschiffen her. Sowohl das Hauptschiff als die beiden Seitenschiffe sind ursprünglich jedenfalls mit Apsiden geschlossen gewesen, welche Anordnung durch die noch vorhandenen primitiven Basen der Nischen bemerkbar wird, jedoch bei der Ende des XVI. Jahrhunderts anzunehmenden weiteren Restauration einem geraden Abschluß mit gothischen Fenstern Platz machte. Die jetzigen Apsiden sind modern *).

 

Die Seitenschiffe des Chores sind von ungleicher, hingegen die des Langhauses von gleicher Breite. Ein Querschiff von den üblichen Verhältnissen ist bei dieser Kirche nicht zur besondern Geltung gekommen, doch ist das eigentliche Langhaus von der Choranlage durch eine Pfeilerstellung getrennt und nach den Außenmauern hin gingen ehedem von den vier rechteckigen Pfeilern aus nach den ehemaligen Seitenschiffmauern Bögen, wie noch an einer Stelle in Kämpferhöhe zu bemerken ist, weshalb diese Trennungsart des Chor- und Langhauses als Querschiff bezeichnet werden kann. Ob ein Triumphbogen vorhanden gewesen, steht nicht mit Gewißheit anzunehmen. Eine Trennung der Räume für Klostergeistliche und Laien hat zwischen dem Kreuzschiffe und der Osthälfte stattgefunden; in der jetzigen durchgehenden (neuen) Scheidemauer befinden sich an den drei Thüren Säulchen (ähnlich denen des Portals), welche dem abgebrochenen Kreuzgange entlehnt sind. Das Langhaus bildete ehedem zwei Rechtecke, ein Pfeiler mit zwei Säulen, denen drei Quadrate zu Grunde liegen, wenn als deren Seite die mittlere Breite des Mittelschiffes angenommen wird. Desgleichen hat das Hauptschiff der Choranlage, wenn man die Bogenweite der großen Pfeiler (des Querschiffs) hinzunimmt, drei Quadratseiten zur Länge, so daß also zwischen dem früheren westlichen Abschluß bis zur Hauptapsis ein Verhältniß der innern Länge zur Weite als 6:1 anzunehmen ist. Es ist in dem Vorhergehenden angenommen, daß bei der im Anfange des XV. Jahrhunderts vorgenommenen ersten Restauration die Arkadenstellung mit einem Pfeiler sich abschloß und nicht mit einer Säule, wie aus dem Grund- und Durchschnittsriß zu ersehen ist. Diese Abweichung, welche an andern Orten **) als zweifelhaft dargestellt worden ist, muß sich als durch

 

*) Die Choranlage ist im Jahre 1846 von dem Landbau-Conducteur E. Beckmann restaurirt worden.

**) Siehe Kestner, Hannov. Magazin Jahrg. 1850. pag. 82.

 

 

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den Umbau hervorgerufen herausstellen, wenn man den Charakter der (untern) Thurmanlage näher betrachtet. Auf den ersten Anblick ist man geneigt den Westbau als ursprünglich anzunehmen, namentlich da das Portal, die Bogenstellung im Paradies, so wie der große Bogen gegen das Langhaus hin romanisch gebildet sind. Alle übrigen Theile des Westendes geben hingegen in ihrer einfachen Anlage zu der Auslegung Anlaß, daß die ehemalige Thurmanlage eingestürzt war und den ersten Bogen der Arkadenreihe beschädigt hatte; bei dem Wiederaufbau jedoch wurde die Kirche um denselben verkürzt und ist eine spätere Verwendung des Portales so wie der übrigen älteren Gesimsstücke und Ornamente etc. als bestimmt anzunehmen. Noch kommt hinzu, daß die beiden Endsäulen mit ihren Kapitälen theilweise in die Mauern der Thurmanlage eingreifen. Das Portal an der Westfacade ist leider durch den Fußboden theilweise bedeckt. Die aus der Mauerschräge hervortretende Dreiviertelsäule trägt ein einfach verziertes Würfelkapitäl und ist der Rundstab im Bogen als Fortsetzung des Säulenschaftes durch längliche Zahnschnitte schwach relief verziert. Die Thürleibungen zeigen an ihren äußeren Ecken eingekerbte Säulchen mit Würfelkapitäl und ist das Tympanum ohne Verzierung.

 

Daß nach der erwähnten Restauration zwei Thürme mit quadratischem Grundriß vorhanden gewesen, ist aus den untern ziemlich starken Mauern zu schließen, welche in der zweiten Etage nach dem mittleren Theil der bei sächsischen Basiliken häufig vorkommenden Empore, durch einen Bogen geöffnet werden, so daß die Empore selbst die ganze Breite der Kirche einnahm. Die Thürme sind durch Kreuz- und Tonnengewölbe, wie noch theilweise zu sehen, in zwei Geschosse abgeschlossen gewesen. Für die Mittelschiffsbreite muß bei der Empore eine Holzdecke angenommen werden, da an der in das Dachwerk aufsteigenden Quermauer Spuren von einem Gewölbeanschluß nicht zu finden sind.

 

Von einer der Größe der Kirche entsprechenden Höhe mögen die Thürme nicht gewesen sein, und ist ein Theil der untern Mauern, die mit ziemlich großen Steinen hergestellt sind, zunächst der südlichen Endsäule weithin stark geborsten, was theilweise dadurch hervorgerufen sein kann, daß die eigentlichen Thurmmauern nach der Seite des Paradieses offen waren. Aus der über die Decke der Kirche hinaufführenden Mauern des Thurmzwischenbaues ist zu schließen, daß derselbe an der Westseite die Dachfläche zeigte. Die erwähnte Loge stand in Verbindung mit dem ehemaligen Kloster, welches an der südwestlichen Ecke der Kirche stand. Auch ist mit der Kirche ein südlich gelegener Kreuzgang (dreiseitig geschlossen) verbunden gewesen, welcher 1845 abgebrochen wurde.

 

So weit Consolen für die Mauerlatte der Balkenlage in den Langwänden Andeutung geben, hatten die Seitenschiffe ein Verhältnis der Breite nahezu 1:2 und solches des Mittelschiffes

 

 

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gegen 5:8 und ist hierbei der Umstand zu erwähnen, daß wie früher häufig Ungenauigkeiten in der Ausführung vorkommen, solche auch hier sich finden, indem die Langwände nach der Thurmanlage hin um einen Fuß convergiren.

 

Gehen wir nun zur Betrachtung der Langwände über. Wie wir oben bereits bemerkt haben wird die Brüstungsmauer des Chores von einer nach unten abgeschrägten Platte bedeckt, über welche sich die in Ausführung und Verhältnissen beachtenswerthen Arkaden des Chores erheben. Acht Bögen setzen sich abwechselnd auf Säulen und Pfeiler auf, über welche in geringer Höhe ein Bandgesims herumläuft. So wie die Chorparthie im Allgemeinen sorgfältiger als das eigentliche Langhaus ausgeführt ist, so ist auch dieses Arkadengesims entsprechend behandelt. Die einfache Abschrägung beim Langhause tritt im Chore mit 6 Zahnschnittreihen verziert auf, welche sich beim Abacus der Chorsäulenkapitäle wiederholen. Aehnlich wie bei der Godehardikirche in Hildesheim steigt zur belebenden Trennung der Fläche zwischen Bögen und Arkadengesims ein vertikaler Gesimsstreifen bis zur Pfeilerdeckplatte, jedoch kommt solches nur bei dem mittleren Pfeiler an der Südseite vor, wie aus dem anliegenden Blatt 18 die Zeichnung der Pfeiler und Säulenstellung in den Chorwänden ergiebt. Die durch Malerei verzierten Wände des Chores werden durch je fünf Fenster durchbrochen, so daß einmal ein Fenster auf eine Säule oder Bogen und das mittlere auf einen Pfeiler trifft, während die Fenster des Langhauses mit den Arkaden correspondiren. Ihr Verhältniß ist fast wie 1:2 und zeigen glatte Mauerschrägen.

 

Die stämmigen kurzen Säulenschäfte im Chore haben eine geringe Verjüngung ohne Enthasis, sind mit attischer Basis versehen und tragen ein sauber bearbeitetes Würfelkapitäl, das als Verzierung halbkreisförmige Einkerbungen zeigt. Die Deckplatte ist bei sämmtlichen Säulen mit Zahnschnitten verziert, während bei den Pfeilern die umgekehrte attische Basis als solche auftritt.

 

Wie aus den Details der Pfeiler und Säulenbasen (Blatt 18) zu ersehen ist, so weichen ihre Profile sehr wenig von einander ab. Die Pfühle der attischen Basis sind nur wenig abgerundet und hat der untere bei den Säulen ein kräftiges Eckblatt in Gestalt einer Vogelzehe, welche den Uebergang zur viereckigen Unterplatte bildet, doch ist dieselbe breiter als die im Langhause und an der Säule, welche die Mauer der westlichen Loge trägt, nimmt das Eckblatt eine noch breitere, mehr bandartige Form an. Auch schwellt bei letzterer Säulenbasis der Unterpfühl über die Platte hinaus, was bei den übrigen nicht der Fall ist. Diese Säule hat außerdem noch eine Eigenthümlichkeit, indem solche ein verziertes Kapitäl,

 

 

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wenn auch einfach und derb, trägt, und der Unterpfühl eine zickzackförmige Verzierung zeigt. Bei allen Säulen setzt sich der Astragal scharf vorstehend ohne Vermittlungsglied, zum Theil recht roh, vom Schafte ab.

 

In der Ausführung und Form der Würfelkapitäle im Chor und Langhause herrscht eine Verschiedenheit. Der Halbkreis zum Uebergang der wenig geneigten Würfelfläche in die Rundung der Säule ist durch doppelte saubere Vertiefung im Chor ausgezeichnet, während solche im Langhause einfache Linien zeigen, wie auch das erstere Kapitäl mehr kubisch und das letztere mehr trichterförmig behandelt ist. Ueber die Deckplatten der Pfeiler und Säulen im Langhause ist noch zu erwähnen, daß, wie häufig vorkommt, antikisirende Formen auftreten. Es ist solche auf Blatt 18 gezeichnet und kommt die einfach gegliederte nur bei zwei Pfeilern und zwei Säulen (zunächst des Querschiffs) vor. —

 

Bei der gegen das Jahr 1433 vorgenommenen Hauptrestauration der Kirche erhielt das Innere eine sehr reiche Malerei, wie noch im Chor an Pfeilern, Säulen, Leibungen und Wänden häufige Spuren sich zeigen.

 

Fast Alles ist (Ende des XVI. Jahrhunderts) übermalt oder übertüncht worden und stammt aus obigem Jahrhundert nur die Wandmalerei der Chorwände, freilich so erhalten, daß man mit Mühe unter den 12 statuarischen Gestalten (über lebensgroß) einen Bischof, einen Petrus, Jacobus mit dem Schiffe und eine Madonna mit dem Kinde herausfinden kann. Sie nehmen die Schäfte zwischen den Fenstern ein und zwischen ihrer Einrahmung unter den Fenstern sind einfache Muster in Kreuz- und Rautenform durch Schatten aus der Fläche, in Blau und Roth abwechselnd, hervorgehoben. An einer Figur ist zur Zeit noch theilweise eine trefflich gezeichnete Gewandung zu erkennen. Die Arkaden von dem Deckgesims bis auf die Basen der Säulen und Pfeiler sind von Quader ohne Putz und zeigen Spuren von einer sehr reichen Vermalung in Gold, Blau und Roth. Daß dieselbe im XV. Jahrhundert entstanden, möchte aus den damals üblichen goldenen Nimben um die Köpfe an den Pfeilern geschlossen werden können. Säulen, Pfeiler, Bögen, Alles ist bemalt gewesen.

 

Im Allgemeinen ist noch schließlich zu erwähnen, daß die Kirche aus leicht bearbeiteten kleinen Sandsteinen besteht, so wie auch Steine aus dem Flußbette der Weser zur Verwendung kamen. Die ältesten Mauern zeigen trotz ihrer geringen Stärke und der kleinen Steine (zum Theil Flußgeschiebe) eine auffallende Solidität. Die westliche Hälfte der Kirche wird jetzt als Holzschuppen benutzt und sind nur einige Säulenbasen zugänglich; die Chorpartie dagegen dient als Kirche für die kleine Gemeinde Bursfelde.

 

 

Quelle: Uebersicht der mittelalterlichen Baudenkmäler Niedersachsens. Bd 3 Sp. 73-80, Bl.17, Bl.18. Hannover, Schmorl & Seefeld 1883